Washington - Die US-amerikanische Notenbank hat wie erwartet den Leitzins zwischen Null und 0,25 Prozent belassen. Die Finanzmärkte weltweit im freien Fall, Rezessionssorgen und großteils erfolglose Interventionen bedeutender Notenbanken rund um den Globus - das ist in Kurzfassung die chaotische Gemengelage, in der die mächtigste Zentralbank der Welt, die Federal Reserve in Washington, am Dienstag über ihren weiteren geldpolitischen Kurs entschieden hat. Angesichts dessen will die Fed mit den niedrigen Zinsen der Wirtschaft der Vereinigten Staaten weiter unter die Arme greifen.

Sowohl der Konjunkturausblick als auch die Inflationsentwicklung sprächen für "außergewöhnlich niedrige Zinsen" bis mindestens Mitte 2013, hieß es in der am Dienstag veröffentlichten Erklärung der Fed zu ihrem jüngsten Zinsentscheid. Grund seien die miserable konjunkturelle Lage und vor allem die Misere auf dem Arbeitsmarkt, die sich zuletzt sogar verschlechtert habe. Damit konkretisiert die Notenbank den Zeitraum ihrer außergewöhnlich expansiven Geldpolitik.

Bisher hatte die Fed lediglich von einem "ausgedehnten Zeitraum" gesprochen. Experten hatten bis zuletzt mit einer ersten Zinserhöhung in den USA frühestens Mitte 2012 gerechnet.  Fed-Chef Ben Bernanke ließ offen, ob und gegebenenfalls wann er weitere Milliarden für neue Staatsanleihenkäufe in die Hand nehmen könnte. Insgesamt hätten sich die wirtschaftlichen Bedingungen in den USA zuletzt verschlechtert, besonders auf dem ohnehin gebeutelten Arbeitsmarkt.

Die Entscheidung über die Konkretisierung des Nullzins-Zeitraums ist allerdings auf starken Widerstand im geldpolitischen Ausschuss (FOMC) der Notenbank gestoßen. Von den zehn FOMC-Mitgliedern sprachen sich drei Mitglieder gegen eine Änderung der entsprechenden Passage im Statement aus.

Anleihen-Kaufprogramm bleibt offen

Fed-Chef Ben Bernanke ließ offen, ob und gegebenenfalls wann er mit einem neuen Anleihekaufprogramm weitere Milliarden in die Wirtschaft pumpen könnte. Das von den Investoren erhoffte dritte Ankaufprogramm wird es also zwar zunächst nicht geben. Die Fed kündigte aber an, ihre inzwischen mit US-Anleihen aufgeblähte Bilanz konstant zu halten - also fällig werdende Anleihen zu ersetzen.

Die Fed sah sich in den vergangenen Tagen zunehmendem Druck ausgesetzt, eine dritte Runde ihrer Anleihenkäufe einzuläuten - die Angst vor einer weltweiten Rezession und vor einem neuen Absturz der US-Konjunktur sowie die Euro-Schuldenkrise zerrten so sehr an den Nerven der Anleger, dass weltweit ein Ausverkauf an den Börsen einsetzte. Hinzu kommt die hohe Verunsicherung, nachdem die USA am Freitag ihre Top-Bonitätswertung verloren hatten und nicht mehr zu den besten Schuldnern der Welt gehören.

"Quantitative Easing 2" war 600 Milliarden Dollar schwer

Doch die Waffen der Notenbanker scheinen stumpf: Die Fed hat in der Finanzkrise bereits viele Milliarden Dollar gedruckt und versucht, die Wirtschaft anzukurbeln. So senkte Bernanke etwa schon vor der Pleite der Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 beispiellos schnell die Zinsen und legte seitdem zwei milliardenschwere Programme zum Kauf von Anleihen auf ("quantitative Easing", QE) - immer mit dem Ziel Finanzsystem und Wirtschaft unter die Arme zu greifen. Alleine das zweite Anleiheankaufprogramm, das Ende Juni auslief, war 600 Mrd. Dollar (421 Mrd. Euro) schwer.

Ob es erfolgreich war, darüber sind sich die Fachleute in und außerhalb der Fed nicht einig. Fest steht, dass es über immense Kapitalzuflüsse aus den USA in viele Schwellenländer für steigende Landeswährungen sorgte und die dortigen Zentralbanken zu Zinserhöhungen zwang - mit Folgen für die heimische Wirtschaft und die Exporteure in den westlichen Industrienationen. Zudem sorgt die Dollarschwemme der Fed über den globalen Währungszusammenhang auch dafür, dass die aktuellen "Fluchtwährungen" Yen und Schweizer Franken weiter steigen dürften - entsprechende Gegenreaktionen der Zentralbanken dieser Länder inbegriffen. (APA/Reuters/red)