Tobias Schweiger sagt, er war schon immer politisch. Mit fünf Jahren hätte er zum ersten Mal bewusst eine Wahl, damals die Landtagswahl in der Steiermark, miterlebt. Er sei fasziniert gewesen, wie sein Vater gejubelt hat, als der rote Balken stieg. Heute ist Tobias Schweiger eines von sieben Bundesvorstandsmitgliedern der Jungen Grünen. Die Hingabe für bunte Diagramme habe ihn nie verlassen.

Aus seinen lockigen Haaren wachsen am Hinterkopf drei Dreadlocks, die er sich über die Schulter streift und zwirbelt, wenn er nachdenkt. Seit seiner Jugend sei er schon auf so vielen Demonstrationen gewesen, dass er sie unmöglich alle aufzählen könne. Die zwei Jahre zwischen seinem 17. und 19. Lebensjahr habe er damit verbracht, leerstehende Häuser im Besitz der Bundesimmobiliengesellschaft zu besetzen. Dabei hat er offensichtlich erlebt, dass solche Aktionen nicht mehrheitsfähig sind.

"Österreich attestiere ich eine mangelnde Protestkultur", sagt er. Das sei aber kein Jugendspezifikum, sondern in der heimischen Mentalität verhaftet. "Die Jugendlichen fühlen sich einfach verarscht, weil sie sich kaum beteiligen können." In seinem Freundeskreis bemerkt der 21-Jährige eines: Die meisten haben das Gefühl, dass man Kritik und Auflehnung von ihnen nicht will.

Tobias Schweiger wirkt wie der Typ, dem schon immer egal war, was die Gesellschaft von ihm erwartet. Als Gymnasiast war er in der grünen Schülerorganisation aktiv, dann bei der Grün-Alternativen Jugend (GAJ). Jetzt beschäftigt er sich mit dem Aufbau der Jungen Grünen, die als Verein erst seit letztem Jahr bestehen, organisiert Kampagnen und Diskussionsveranstaltungen. Ob die Jugendorganisation radikaler und linker ist als die Bundespartei? "Die Frage ist mir zu pauschal gestellt, aber stimmen tut es wohl auf jeden Fall", sagt er. In erster Linie seien sie Plattform für Jugendliche, die "ihre Message rausbringen" wollen.

Trotz des guten Verhältnisses zur grünen Mutterpartei will sich die Jugendorganisation nicht als Kaderschmiede für Jungpolitiker sehen. Jeder solle sich beteiligen können egal mit welchen Motiven. Er sehe, wie politisch seine Generation ist, das Problem liege bei den Politikern. "Obwohl Jugendliche mit 16 Jahren wählen dürfen, werden sie als Wählerschaft einfach nicht ernst genommen", sagt er. Mit aufgesetzt jugendlichem Chic und ein paar knackigen Sprüchen sei es nicht getan. "Ein Discobesuch ist keine Jugendpolitik, sondern Populismus."

Die Jungen Grünen haben es sich zur Aufgabe gemacht, dem blauen Populismus etwas entgegenzusetzen. Hauptberuflich in die Politik zu gehen könnte er sich zwar vorstellen, direkt anstreben will er es jedoch bewusst nicht. Neben seinem politischen Engagement studiert er europäische Ethnologie und Geschichte in Graz. Es sei wichtig, dass sich Jungpolitiker in verschiedenen Bereichen Kompetenzen aneignen und nicht versteift sind. "Wenn die Parteikarriere die einzige Option ist, gerät man in Abhängigkeit vom politischen System und verliert seine Kritikfähigkeit", sagt Schweiger. Er möchte auch in die Forschung gehen können - solange er mit der Stelle auch politisches Gehör bekomme. (Katharina Mittelstaedt, DER STANDARD; Printausgabe, 24.8.2011)