Nordkorea zeigt Fantasie im Auftreiben von Devisen: Laut New York Times nutzten Hacker Sicherheitslücken in Online-Spielen, um Computer selbsttätig virtuelle Währung sammeln zu lassen, die in reales Geld umgetauscht werden kann. In zwei Jahren seien so sechs Millionen Dollar "verdient" worden. Solche Meldungen sind nur die Spitze eines Eisbergs strafrechtlich relevanter Sachverhalte im Zusammenhang mit virtuellen Welten, sind sich die deutschen Kriminologen Thomas-Gabriel Rüdiger und Cindy Ehlert sicher. Ihre Forschung stellten sie am Wochenende am Zentrum für angewandte Spieleforschung an der Donau-Universität Krems vor.

Kriminelle Handlungen in dieser Sphäre blieben fast ausschließlich Dunkelziffer. Die Forscher kamen für das Jahr 2009 gerade einmal auf 84 Anzeigen in Deutschland, obwohl etwa 14,5 Millionen Deutsche virtuelle Welten nutzen. Aber die Bereitschaft anzuzeigen steige, so Rüdiger. Künftig werden Polizisten wohl öfters Anzeigen über gestohlene "Phönixschuhe" aufnehmen wie beim Fall eines 45-Jährigen in Bochum, dem die Ausrüstung seines Avatars im Wert von 1000 Euro im Spiel "Metin 2" gestohlen wurde.

Von Betrug bis Geldwäsche 

In Bereich der Online-Spiele geht es vor allem um Vermögensdelikte - vom kleinen Betrug bis hin zu Geldwäsche. Sobald Items, virtuelle Güter, verkauft werden können, sind Delikte unausweichlich. Es gibt auch erste Gerichtsurteile. Auch Meinungsäußerungsdelikte von Bedrohungen bis zu Volksverhetzungen sind relevant.

In Lebenssimulationen wie Second Life könnten Sexualdelikte begangen werden. Nach dem Hype blieb eine eingeschworene Community übrig. Mit der Offenlegung des Quellcodes wurden Modifikationen durch Nutzer möglich. Sogenanntes Ageplay, das Nachstellen von Kinderpornografie mit Avataren, sorgte für einen Aufschrei. Als Kriminologe müsse man sich fragen, wer die Person ist, die hinter einer solchen virtuellen Handlung steht, so Rüdiger. Forschungen zum Zusammenhang zwischen dem Verhalten in der virtuellen Sphäre und in der physischen Realität stehen noch aus. Virtuelle Welten können auch als Schaltstelle für Kriminelle dienen, etwa für Pädophile, die sich online Opfer suchen.

Der Staat stürzt sich auf Greifbares wie den Suchtaspekt. So entstünden rechtsfreie Räume. Man müsse diskutieren, wie sehr sich der Staat involvieren soll und zumindest ein Problembewusstsein schaffen, fordern die Forscher. (pum/DER STANDARD, Printausgabe, 24.08.2011)