Die Regierung in Algier, die den Übergangsrat in Libyen nicht anerkannt hat, wandelt auf einer dünnen Linie. Einerseits führt sie mit den Rebellen Gespräche, die die schlechten Beziehungen verbessern sollen. Und andererseits nimmt sie einen Teil der Gaddafi-Familie auf.

Gut, auch Jordanien hat 2003 Saddam Husseins Frau und zwei Töchtern (wobei es gegen eine davon einen späteren Haftbefehl gibt) Unterschlupf gewährt. Saudi-Arabien beherbergt gleich die ganze engere Familie Ben Alis aus Tunesien und hätte auch die Mubaraks aufgenommen.

Aber die libysch-algerische Situation ist eben besonders sensibel. Algerien - wo ebenfalls für Reformen demonstriert wird - war am Freitag Ziel eines Selbstmordanschlags auf eine Militärakademie, zu dem sich Al-Kaida bekannte. Algier hat von Anfang an die libyschen Rebellen beschuldigt, sich nicht genügend darum zu kümmern, wer in ihren Reihen aller mitmischt: unter anderem Islamisten, die Al-Kaida nahestehen und von dort Waffen erhalten sollen.

Die algerische Sorge ist verständlich angesichts des Bürgerkriegs, in den radikale Islamisten das Land in den 1990ern rissen. Aber die Gleichung, die in Algier aufgestellt wird, ist zu einfach. Die Beziehung zwischen den islamistischen Gruppen in Nordafrika ist zu komplex, um sie alle in einen Topf zu werfen - und die libyschen Rebellen pauschal in diese Ecke zu stellen zeigt auch gleich, was man von den eigenen Demonstranten hält. Alles Islamisten? (DER STANDARD, Printausgabe, 31.8.2011)