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Wien - Egal, wie das Wetter am Freitag sein wird: In der Telekom Austria (TA) wird es heiß hergehen. Da findet die vom größten TA-Aktionär, der Staatsholding ÖIAG, einberufene außertourliche Aufsichtsratssitzung statt. Sie hat, wie am Samstag berichtet, nur ein Thema: den Korruptionsskandal. Das bisher aus externen Beratern (Deloitte, Fellner Wratzfeld) bestehende, aber auf dubiose Zahlungen an das Agenturnetzwerk Hochegger/Valora und die Causa Kursmanipulationen beschränkte Aufklärungsteam, soll nun um "internationale Experten" angereichert werden. Die Taskforce soll alle TA-Akquisitionen prüfen.

Licht ins Dunkel soll auch in die Causa Blaulichtfunknetz kommen. Der Rechnungshof (RH) wird die Neuvergabe im Jahr 2004 prüfen, beauftragt wurde dies von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (VP), sie will "restlose Aufklärung" . Der Sachverhalt: 2003 war das Funkprojekt unter Innenminister Ernst Strasser (VP) dem Konsortium Mastertalk (Siemens, Wienstrom, Raiffeisen und Verbund) entzogen worden. 2004 erhielten Motorola/Alcatel mit "Tetron" den Zuschlag, die Telekom lieferte die Netzinfrastruktur. Eine Klage von Mastertalk wurde 2006 mit einer Zahlung von 29,9 Mio. Euro durch den Bund beigelegt, die Kläger bekamen rund die Hälfte der Investitionen.

Der Lobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly soll für seine Tetron-Dienste bis zu 3,7 Mio. Euro bekommen haben, davon 1,1 von der TA, die das Geld als Beratungsleistung für Ostexpansion verbuchte. Darüber hinaus soll der Ehemann der Ex-Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat (VP) 2,6 Mio. von Motorola erhalten haben.

Berater und Honorare

Zudem flossen bei Tetron weitere Honorare. Größter Nutznießer war Austroconsult, die bereits beim Mastertalk-Auftrag 1,3 Mio. Euro geltend gemacht hatte. Trotz der von Strasser monierten Fehlleistungen wurden die Austroconsult-Berater auch bei der Vergabe an Tetron eingeschaltet - für 260.000 Euro. Auch die mit der Vertragsgestaltung betrauten Anwälte blieben bei beiden Ausschreibungen die gleichen, sie kamen erst auf 172.000 Euro, beim zweiten Projekt auf 101.000 Euro.

Neu hinzu kam das Beraterhaus PricewaterhouseCoopers, dessen Expertise Strasser 200.000 Euro wert war. Unter anderen Auftragnehmern findet sich auch Ernest D. Gabmann, Sohn des beim Flughafen gelandeten früheren niederösterreichischen Wirtschaftslandesrats (VP). Gabmann junior erhielt 16.000 Euro. Er habe weitreichende Erfahrung beim Netzaufbau von T-Mobile (damals Maxmobil) und Hutchison ("Drei" ) gesammelt, weshalb er bei der Konzeption der Funkmasten-Standorte zu Rate gezogen worden sei.

Gabmann jr. sind Zahlungen an Mensdorff übrigens nicht untergekommen. Er wundert sich auch über einen Zusammenhang von TA-Zahlungen und Tetron, sei der mit Korruptionsvorwürfen kämpfende Konzern doch beim Blaulichtfunkprojekt sehr schlecht ausgestiegen. Dem steht entgegen, dass die TA im Zuge der Neuvergabe vom terrestrischen Bündelfunkprojekt überhaupt profitieren konnte. Bei der Vergabe an Mastertalk im Frühjahr 2002 war die TA mit der Wirtschaftsservice Burgenland (Wibag) im Konsortium "WalkyTalky" ebenso unterlegen wie Tetratel (Austro Control, Kapsch und Motorola). Der Nutzen für die TA im neuen Konsortium wird - je nach Quelle - mit bis zu 50 Mio. Euro beziffert. Der 2008 mit der Zahlung an Mensdorff betraute TA-Festnetz-Finanzchef Gernot Schieszler beziffert ihn "nur" mit 39 Mio. Euro.

Schieszler belastet die TA schwer, er hat sich der Staatsanwalt als Kronzeuge verschrieben. Ein Deal über seine Kooperation mit und Schadenersatzansprüche der TA scheiterte allerdings am 7. Juli. Am Tag davor, als Schieszler von Staatsanwälten und Kriminalisten beim Bundesamt für Korruptionsbekämpfung (BAK) in der Meidlinger Kaserne einvernommen worden war, drohte dem zweifachen Vater die Inhaftierung. Da schlug ihm Staatsanwalt Hannes Wandl vor, sich als Kronzeuge zur Verfügung zu stellen. Schieszlers Anwalt, Stefan Prochaska, kontaktierte den Anwalt der TA, Markus Fellner, und versuchte einen Deal: Die TA solle auf Schadenersatz verzichten, dann könne er Kronzeuge werden.

Einiges lief schief

Die Folge: Hektische Betriebsamkeit, Staatsanwalt und Oberstaatsanwalt erwarteten, dass die TA mitspielen sollte. Im Büro des Leitenden Oberstaatsanwalts, Werner Pleischl, kam man zusammen, und Fellner wurde in die geplante Diversion eingeweiht, die mit Schieszlers Verteidiger vereinbart worden war. Der Deal: Kronzeuge Schieszler liefert alles, was er in der Telekom-Affäre weiß und zahlt, wie vom Staatsanwalt vorgeschlagen, 300.000 Euro als Wiedergutmachung (entspricht in etwa seiner Jahresgage). Im Gegenzug wird am Ende des Ermittlungsverfahren gegen Schieszler kein Prozess geführt. Die 300.000 Euro bekäme letztlich die TA als Privatbeteiligte am Verfahren.

So glatt lief es bei der darauffolgenden Vertragsgestaltung für den zusätzlich notwendigen "Nichtangriffspakt" mit der TA nicht. Sie verlangte "weit mehr als eine Million Euro" von ihrem Exmanager, ohne auf weitere Schadenersatzansprüche zu verzichten. Eine Aktiengesellschaft kann laut Aktienrecht (§ 84 Abs. 4) "keinem schnellen Vergleich zustimmen" , sagt Gesellschaftsrechtler Friedrich Rüffler (Uni Wien). Auf Schadenersatz verzichten kann eine AG gegenüber ihren Organen erst nach fünf Jahren und dann nur mit Zustimmung der Aktionäre.

Die logische Folge: Aus dem als "Knebelvertrag der Telekom" bekannt gewordenen Deal wurde nichts. (grasung, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 31.8.2011)