In einer knappen halben Stunde war es vorbei. Bei gefühlten 50 Grad in einem engen Zimmer seiner ehemaligen Pressesprecherin Heidi Glück sagte Wolfgang Schüssel Adieu zur Politik. Man hatte den Eindruck, als ob er sich seiner Partei nicht mehr antun will, weil er sich nicht einmal in den offiziellen Räumlichkeiten der ÖVP verabschiedete. Wirklich nachvollziehbar ist Schüssels Argumentation allerdings nicht: Einerseits habe er sich überhaupt nichts vorzuwerfen, andererseits will er den Ermittlungen nicht im Wege stehen. Warum vertschüsselt er sich dann überhaupt?

Es könne sein, dass sein Vertrauen von Einzelnen getäuscht oder missbraucht wurde, sagt Schüssel. Im Vertrauen: Kann es sein, dass Schüssel tatsächlich so blind war? 2000 ist er den Pakt mit den Blauen eingegangen, 2002 hat er das gleiche nochmal gemacht. Gezwungen hat ihn niemand. Die halbe Welt war in Aufruhr, die FPÖ/das BZÖ haben im Monatstakt ihre Minister ausgetauscht. Flashback-artig erinnern wir uns an Monika Forstinger, Michael Schmid, Elisabeth Sickl und last but not least: Michael Krüger. Als Regierungschef habe er an die Mitglieder seines Regierungsteams hohe Anforderungen gestellt, denn schließlich sei Österreich damals genauso dagestanden wie Griechenland heute. Aha. Von EU-Rettungsaktionen für Österreich ist nichts überliefert, von EU-Sanktionen aber schon.

Hubert Gorbach, Mathias Reichhold, Ernst Strasser, Karl-Heinz Grasser: Diese Kapazunder, deren Taten heute noch die Republik lähmen, weil die Skandalaufarbeitung mehr Raum einnimmt als die Regierungsarbeit, wären allesamt nicht an den Futtertrog gelangt, hätte sie Wolfgang Schüssel nicht dorthin gebracht. Das ist seine Verantwortung. Dazu hat er jedoch bei seinem Abgang geschwiegen. (derStandard.at, 5.9.2011)