Warschau - Die Frauenquote hilft polnischen Politikerinnen laut einem Institutsbericht wenig. Die Parteien halten sich demnach zwar an das neue Wahlgesetz, wonach 35 Prozent der Listenplätze mit Frauen besetzt werden müssen. Aber viele von ihnen landeten weit hinten auf den Listen, wo sie kaum Chancen auf einen Einzug ins Parlament hätten, alarmierte das Institut für Öffentliche Angelegenheiten (ISP). Frauenrechtlerinnen fordern deshalb für die Zukunft, dass die Listenplätze abwechselnd mit Männern und Frauen besetzt werden, berichtete am Dienstag die "Gazeta Wyborcza".

Fast doppelt soviele Kandidatinnen

Laut ISP beträgt der Anteil der Frauen unter den ParlamentskandidatInnen 43 Prozent. Das ist fast zweimal mehr als bei der vergangenen Wahl: 2007 bewarben sich 1.428 Frauen um Mandate und damit 23 Prozent aller Kandidaten. Diesmal registrierte die Wahlkommission 2.983 Kandidatinnen. Die meisten Frauen auf ihren Listen hat die Polnische Arbeitspartei (PPP) mit 48,4 Prozent. Unter den Parlamentsparteien nominierte das Bündnis der Demokratischen Linken (SLD) die meisten Frauen zur Wahl (44 Prozent), die wenigsten die rechtskonservative Oppositionspartei PiS (Recht und Gerechtigkeit) (40 Prozent).

Wenige an der Spitze

Weniger ausgeglichen ist die Situation, wenn man errechnet, wie viele Frauen Spitzenpositionen auf den Wahllisten bekommen haben. Die meisten Spitzenkandidatinnen hat die rechtsliberale Regierungspartei PO (Bürgerplattform), aber auch sie platzierte Frauen an der ersten Stelle nur in 14 von 41 Wahlbezirken. Die PiS reservierte für Frauen zehn Erstplätze. Die Bauernpartei PSL und die SLD nur sechs. 

PO vorbildlich

Die PO hat als einzige Parlamentspartei eine Frau unter den ersten drei KandidatInnen in allen Wahlbezirken. "Wir haben die Regelung, dass es unter den ersten Drei auf der Liste nicht mehr als zwei Personen des gleichen Geschlechts geben darf. Und unter den ersten Fünf nicht mehr als drei", erklärte Malgorzata Kidawa-Blonskaaus von der PO gegenüber der "Gazeta Wyborcza". In anderen Parteien sehe das nicht so aus und Frauen landeten dort oft auf hinteren Plätzen ohne Mandatschancen.

Höhere Quote und Reißverschlussprinzip

Der Frauenkongress schlägt vor, ein Reißverschlussprinzip einzuführen, wonach Frauen und Männer obligatorisch abwechselnd auf den Wahllisten platziert sein müssten. Die Organisation bereitete schon einen entsprechenden Gesetzentwurf vor. Magdalena Sroda aus dem Frauenkongress erklärte gegenüber der "Gazeta Wyborcza", dass der Kongress eine Erhöhung der Frauenquote auf bis zu 45 Prozent fordern werde.

35-Prozent-Quote seit Februar

Im Dezember 2009 hatten polnische Frauenrechtlerinnen eine von mehr als 120.000 Menschen unterzeichnete Petition eingereicht, die eine 50-Prozent-Quote gefordert hatte. Viele PolInnen wünschen sich mehr Frauen in der Politik. Laut der jüngsten Meinungsumfrage zu diesem Thema aus dem Jahr 2009 wollen 70 Prozent der Frauen und 52 Prozent der Männer, dass die Parteilisten für Parlamentswahlen jeweils zur Hälfte für die beiden Geschlechter reserviert werden. Das Gesetz, das einen Frauenanteil von mindestens 35 Prozent auf den KandidatenlistInnen vorschreibt, hat Staatspräsident Bronislaw Komorowski im Februar unterschrieben.

Derzeit gehören nur 20 Prozent der Abgeordneten im Sejm, dem Unterhaus des Parlaments, dem weiblichen Geschlecht an. Im Oberhaus (Senat) sind es gar nur acht Prozent. Als einzige Großstadt mit über 200.000 EinwohnerInnen hat die Hauptstadt Warschau mit Hanna Gronkiewicz-Waltz eine Bürgermeisterin. (APA)