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Sparen war gestern, heute ist radikales Streichen angesagt: Den feministischen Archiven und Bibliotheken geht's an Kragen, dass manchen die Luft ganz weg bleibt.

Foto: APA/dpa/Armin Weigel

Bei den Kleinen wird zuerst gespart. Das stimmt auch im Fall der außeruniversitären Bibliotheken in Österreich, speziell der sieben unabhängigen Frauenbibliotheken*. Für die gab es bereits bisher kaum Gelder aus dem Wissenschaftsministerium: 2010 32.690 Euro, 2011 nur mehr 23.800 Euro ergab eine Anfrage der Grünen. Und 2012 gibt es gar nichts mehr.

Die Streichungen wurden vom Ministerium als "schmerzlicher Schritt" bezeichnet - für wen, steht wohl außer Frage. Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle bleibt mit den maximalen Einsparungen im außeruniversitären Bereich - die zuständige Abteilung im Ministerium wurde aufgelöst - auf dem Kurs seiner Vorgängerin Beatrix Karl: Weg von der Basissubvention hin zu einem Drei-Säulen-Modell, das die Integration der kleinen Forschungseinrichtungen in größere vorsieht. Für die gibt es über die nächsten drei Jahre gleich 780.000 Euro, die über die Österreichische Akademie der Wissenschaften ÖAW fließen.

"Anscheinend verzichtbar"

Nicht "integriert" bzw. zusammengelegt werden aber die außeruniversitären wissenschaftlichen Bibliotheken in Österreich, worunter auch die sieben feministischen fallen, und deswegen heißt es für die: Null-Förderung. "Es gibt einfach keinen Plan B wie bei den Forschungseinrichtungen", erklärt Margit Hauser, Geschäftsführerin von "Stichwort - Archiv der Frauen- und Lesbenbewegung" in Wien. "Bei den Bibliotheken wurde das nicht in Erwägung gezogen, weil es sich um 'nur' vierzig Einrichtungen handelt. Das gilt in Österreich anscheinend als verzichtbar."

Wie sich das mit dem knappen Budget ausgehen soll, gibt im Stichwort Kopfzerbrechen auf: Durch die Streichung der Gelder aus dem Wissenschaftsministerium fallen zehn Prozent der Jahressubventionen weg. "Das ist sehr, sehr empfindlich", betont Hauser, die hofft, von anderen Seiten Gelder zu bekommen. Aber: "Das ist alles noch in Verhandlung." Hinzu kommt, dass das Stichwort jüngst in neue Räume umgesiedelt ist, was die Kosten in die Höhe getrieben hat. "Für uns ist es also existenziell, diese Mittel wieder aufzutreiben."

Grüne fordert Streichung der Streichungen

Die ersatzlose Streichung will die Frauensprecherin der Grünen, Judith Schwentner, so nicht hinnehmen. Sie sieht die gesamte außeruniversitäre Forschung in den Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften durch den kompletten Wegfall der Fördermittel in der Höhe von insgesamt 1,4 Millionen Euro pro Jahr vernichtet. Gerade dort werde gespart, wo ohnehin nicht viel zu holen sei. Da die Wirtschaft durch Sponsoring in diesen Bereichen nicht einspringt, müsse hier weiterhin subventioniert werden. Geld gibt es nach wie vor: "Für Massenstudien und MINT-Fächer wird ab Herbst das Budget um 40 Millionen Euro aufgestockt", betont die Grüne.

Schwentner fordert die Rücknahme der Einsparungen, weil sie viele Institutionen bedroht und Auswirkungen auf feministische und frauenpolitische Forschung und Dokumentation hat. "Wir versuchen jetzt, auch im Netzwerk der Fraueninstitutionen aktivistisch vorzugehen. Und wir werden nicht locker lassen", kündigt die Grüne Frauensprecherin an.

Umstrukturierungen bereits in Gange

Die Streichungen bedeuten für etliche Fraueneinrichtungen tatsächlich Existenzgefährdung: "Es gibt Archive und Bibliotheken, die in bisheriger Form nicht mehr weitermachen werden können aufgrund dieser und anderer Streichungen, vom Land zum Beispiel", sagt Hauser. Deswegen müssten die betroffenen Stellen Aufgaben abgeben. Die Bibliotheksbestände bleiben zwar in der jeweiligen Region, aber es werde eine Verlagerung bei Archiv- und Dokumentationsarbeit geben: "Die wird sich umstrukturieren." In Graz und in Innsbruck gibt es betroffene Einrichtungen, die sich verkleinern müssen. "In noch zu klärendem Ausmaß werden vom Stichwort von dort Bestände übernommen", sagt Hauser.

Nicht ins Frauenressort abschieben

Aber wie soll die Mehrarbeit finanziert werden? "Der Standpunkt im Wissenschaftsministerium ist: Die Bibliotheken sollen Geld von dort herbekommen, wo sie thematisch dazugehören. Was uns natürlich ins Frauenressort zurückjagt, wo wir ohnehin schon den größten Teil unserer Förderungen herkriegen", erklärt Hauser. Das läuft aber dem Anspruch der Fraueneinrichtungen in Österreich zuwider, die die "Hälfte der Welt den Frauen" beanspruchen: "Wir wollen auch von anderen Ministerien und Stellen berücksichtigt und nicht immer nur als 'Frauensache' im Frauenressort angesiedelt werden."

Eigene Förderschiene

Stattdessen wäre es wünschenwert, wenn der Wissenschaftsfonds FWF, wohin vom bmwf bereits versucht wurde, die eingesparten Druckkostenzuschüsse für wissenschaftliche Publikationen zu delegieren, "eine eigene Förderschiene für Archive und Bibliotheken einrichtet", sagt Hauser mit Verweis auf Deutschland. Dort gibt es zusätzlich zur weiterbestehenden Bibliothekenförderung eigene Finanzspritzen von der Deutschen Forschungsgemeinschaft DFG aus. "Aber davon habe ich bei uns noch nichts gehört."

Was laut Margit Hauser dagegen sicher sei: "Die Landschaft der Faueninformationseinrichtungen in Österreich wird sich definitiv ändern." Es werden nämlich immer weniger. (bto/dieStandard.at, 8.9.2011)