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Die "IG Lebenszyklus Hochbau" wendet sich an alle am Bauprozess beteiligten Gruppen, insbesondere auch an KMU. Die Gründung der IG geht auf eine gemeinsame Initiative von ÖGNI, ATP Architekten und Ingenieure, M.O.O.CON, Heinrich & Mortinger, DELTA sowie Heid Schiefer Rechtsanwälte zurück.

Foto: AP/Vedder

Planung, Errichtung und Betrieb einer Immobilie werden meistens in verschiedenen Ausschreibungen an unterschiedliche Projektpartner vergeben, wobei der Kostenfaktor oft den Ausschlag gibt. Die laufenden Kosten einer Immobilie, über ihren gesamten Lebenszyklus betrachtet, sind aber fünf bis sieben Mal höher als ihre Errichtungskosten. Das ist eine Wahrheit, die sich nur langsam in den Köpfen von Immobilienentwicklern und anderen Bauherren festsetzt.

"Sinnvoll wäre es deshalb, dass der spätere Betreiber einer Immobilie auch schon bei der Planung dabei ist", sagt Martina Jochmann, Geschäftsführerin der EnergieComfort Energie- und Gebäudemanagement Gmbh, einer 100-Prozent-Tochter der Wien Energie. Der Errichter sei nämlich stets bestrebt, "so billig und kostengünstig wie möglich zu bauen, weil er in der Regel in den Betrieb nicht mehr involviert ist. Am kostengünstigsten bekommt man das Gebäude eben dann, wenn man alles einzeln ausschreibt."

Trennung überwinden

Für die Planer und die ausführenden Baufirmen ist das im Übrigen auch durchaus praktisch: Niemand, der mit dem späteren Betrieb des Gebäudes zu tun haben wird, redet beim Bau mit.

Für den Eigentümer der Immobilie kann das aber später, wenn die Betriebskosten weit über der Benchmark liegen, zum Bumerang werden. Denn bei der EnergieComfort, zu deren Kerngeschäft unter anderem das Anlagen- und das Einsparcontracting gehören, kann man diesbezüglich aussagekräftige Erkenntnisse vorweisen: "Dort, wo wir von Anfang an involviert sind, lassen sich für den Eigentümer geringere Betriebskosten nachweisen. Wir investieren beispielsweise in der Errichtung um ein paar Euro mehr, und können dann darstellen, dass sich der Betrieb wesentlich leichter rechnet", sagt Jochmanns Co-Geschäftsführer Manfred Blöch.

In der Praxis sei eine solche Zusammenarbeit leider noch viel zu selten: "Nach der Errichtung kommt die Ausschreibung für den Betrieb." Das Thema Lebenszykluskosten von Immobilien sei eben gerade erst so richtig im Kommen, langsam werde aber nun die augenscheinliche Sinnhaftigkeit einer solchen gesamtheitlichen Betrachtung der Materie erkannt.

Neue IG prescht vor

Damit das etwas schneller geht, hat sich nun die "IG Lebenszyklus Hochbau" formiert. Philipp Kaufmann, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft (ÖGNI) und Repräsentant der neuen Interessengemeinschaft, will damit nicht nur einen, sondern gleich zwei Sprünge nach vorne machen: Ein am Dienstag vorgestelltes "Partnerschaftsmodell" der IG soll nämlich gleich alle Verantwortungsbereiche - von der Finanzierung über Planung, Beschaffung, Errichtung und Gebäudetechnik bis hin zu Betrieb und Facility Services - zusammenführen und so altbekannte "Brüche" vermeiden helfen, wie Kaufmann es ausdrückte. "Wer neben der Bauplanung gleich auch überlegt, welche Kosten das Gebäude im Betrieb und in der Erhaltung verursachen wird, kann die Aufwendungen über die gesamte Lebensdauer eines Objekts stets so gering wie möglich halten."

Das von Nina Krecht vom internationalen Finanzberatungsunternehmen Heinrich & Mortinger ausgearbeitete Modell sieht vereinfacht dargestellt die Gründung einer Projektgesellschaft vor, die eine Bau- und Planungs-Arbeitsgemeinschaft (ARGE) sowie eine Betriebs-ARGE unterhält und sich eng mit diesen verzahnt. Alle beteiligten Firmen inklusive der Banken werden so zu "Lebenszyklusunternehmern".

"Unseliges Gegeneinander" überwinden

Das "unselige Gegeneinander von Qualität und Kosten" könne so überwunden werden, sagte Christoph M. Achammer von ATP Architekten und Ingenieure, ebenfalls Mitbegründer der Initiative. Deren Ziel sei es eben auch, "rechnerisch nachweisbar" zu machen, dass sich die integrale Planung auszahle - "obwohl das furchtbar schwierig ist, weil wir dauernd nur Prototypen bauen". Jedes Gebäude sei eben einzigartig und mit keinem anderen vergleichbar.

Ein paar Best-practice-Modelle würden bereits existieren, etwa die Revitalisierung der Arbeiterkammer Oberösterreich, die dabei vom Bauherrenberater M.O.O.CON begleitet wurde. Dieses Unternehmen ist ebenfalls Gründungsmitglied der IG, für Geschäftsführer Karl Friedl geht es auch darum, "eine neue Bestellqualität zu definieren". Heute sei ein Bauunternehmer nämlich nicht dafür verantwortlich, was in 20 Jahren ausgetauscht werden müsse. "Wenn man aber für 30 Jahre Verantwortung übernimmt, treten ganz andere vertragliche Aspekte zum Vorschein."

Kongress im November

Die "IG Lebenszyklus Hochbau" will nun öffentliche und private Auftraggeber bei der Umsetzung des Österreichischen Aktionsplanes zur nachhaltigen öffentlichen Beschaffung (NAP) unterstützen. In einem "Auftakt-Kongress" am 8. November 2011 in der SiemensCity in Wien sollen außerdem die Schwerpunktthemen und Aktivitäten der IG präsentiert und diskutiert werden. (map, derStandard.at, 13.9.2011)