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Die Wirtschaftsinstitute sind sich nicht immer eins - während die einen ein konjunkturielles Auf und Ab erwarten, sind die anderen deutlich pessimistischer.

Foto: APA/Uwe Zucchi

Berlin - Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) rechnet trotz der ausufernden Schuldenkrise in Europa nicht mit einem Konjunktureinbruch. "In eine Rezession dürften weder Deutschland noch die globale Konjunktur abgleiten", teilte das Kölner Institut mit. Zwar lasse sich eine Rezession für Deutschland nicht ganz ausschließen. "Noch aber stehen die Zeichen nicht auf Sturm", fügte IW-Experte Michael Grömling hinzu.

Für dieses Jahr erwartet das Institut ein solides Wachstum von 3 Prozent. 2012 soll es aber einen Dämpfer geben. Dann die Wirtschaftsleistung nur noch um 1,25 Prozent zulegen.

Das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) hatte zuletzt eine Phase der Stagnation für die deutsche Wirtschaft im Winterhalbjahr prognostiziert. Auch die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sagt für das Jahresende ein Schrumpfen der Wirtschaftsleistung voraus. Das IW setzt darauf, dass Schwellenländer wie China weiter die globale Wirtschaft ankurbeln und "kräftig in Deutschland und der Welt einkaufen". Allerdings werde die deutsche Exportwirtschaft die globale wirtschaftliche Abkühlung zu spüren bekommen. Das IW rechnet damit, dass die Ausfuhren 2012 nur noch um drei Prozent zulegen werden nach einem prognostizierten Plus von mehr als acht Prozent in diesem Jahr.

Die schwächer werdende Weltwirtschaft werde auch der Investitionstätigkeit vorübergehend einen Dämpfer verpassen: "Auch die anhaltende Diskussion über die Staatsschulden und deren Auswirkungen auf den Bankensektor dämpfen das Engagement der Unternehmen", konstatiert das IW.

Bundesbank sieht kräftiges Wachstum für Deutschland

Nach Einschätzung der Bundesbank droht der deutschen Wirtschaft ein konjunkturelles Auf und Ab. Nach der Flaute im Frühjahr sei im dritten Quartal "mit einem kräftigen Anstieg der Wirtschaftsleistung zu rechnen", schrieb sie in ihrem Monatsbericht. Der private Konsum dürfte "spürbar zulegen", ebenso Industrie- und Bauproduktion. Das hohe Tempo lässt sich aber voraussichtlich nicht halten. "Die mittelfristigen Aussichten haben sich in letzter Zeit bei erhöhter Unsicherheit stärker eingetrübt als zuvor erwartet", warnen die Bundesbanker mit Blick auf die heftigen Kurseinbrüche an den Aktienmärkten.

Im zu Ende gehenden Sommerquartal halten die meisten Experten ein Wachstum von einem halben Prozent und mehr für möglich, nachdem es im Frühjahr wegen sinkender Konsumausgaben nur zu einem Plus von 0,1 Prozent gereicht hatte. Nach Prognose der Industriestaaten-Organisation OECD könnte das Bruttoinlandsprodukt am Jahresende dann erstmals seit Anfang 2009 wieder schrumpfen. Vor allem in der Industrie zeichnet sich für die kommenden Monate wegen der weltweiten Konjunkturabkühlung eine langsamere Gangart ab: Ihre Auslandsaufträge brachen im Juli mit 7,4 Prozent so stark ein wie seit zweieinhalb Jahren nicht mehr.

Für 2011 halten führende Wirtschaftsinstitute ein Wachstum von knapp drei Prozent für möglich. Für 2012 rechnen das Kieler IfW und das IWH Halle nur noch mit einem Plus von 0,8 Prozent, weil vor allem die Schuldenkrise in Europa und die schlappe US-Konjunktur die Nachfrage nach deutschen Waren dämpfen dürften. Die Forscher schließen eine Rezession nicht aus.

Trübe Aussichten für EU

Die Wirtschaftserholung in der EU schwächt sich unterdessen ab. Zwar stieg im zweiten Quartal 2011 die Produktion des verarbeitenden Gewerbes im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 4,5 Prozent, doch blieb sie gegenüber den ersten drei Monaten dieses Jahres fast unverändert. Ausschlaggebend war die Versorgungsunterbrechung durch den Tsunami in Japan. EU-Industriekommissar Antonio Tajani erklärte, der Wirtschaft gehe es zwar besser als vor der Krise, doch aufgrund der nachlassenden Erholung müssten Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit gefördert werden.

Das Vertrauen der Wirtschaft ist zuletzt wieder zurückgegangen, was auf ein sich abschwächendes Wachstum in der zweiten Jahreshälfte schließen lasse. Nach wie vor liege das Vertrauen jedoch über dem Langzeitdurchschnittswert. Gebremst werde die Dynamik des Aufschwungs durch hohe Preise für Energie und andere Produktionsmittel, Versorgungsprobleme nach dem Erdbeben in Japan, Sparmaßnahmen in einigen Ländern und anhaltende Einschränkungen beim Zugang zu Finanzierungsquellen. Die Produktion des Baugewerbes habe sich auf einem relativ niedrigem Niveau eingependelt, wobei im Hoch- und Tiefbau ein Aufschwung zu erkennen sei, heißt es in dem Bericht der Kommission.

Die Produktion des verarbeitenden Gewerbes lag im zweiten Quartal 2011 um rund 14 Prozent über dem Tiefpunkt der Wirtschaftskrise von Anfang 2009. Allerdings bedeute dies immer noch ein Minus von acht Prozent gegenüber dem Spitzenwert von Anfang 2008. (APA/Reuters)