Frauenverbände fordern die Abschaffung des "Fräulein"-Kästchens.

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Zwei Frauenverbände fahren derzeit eine Kampagne gegen die französische Bezeichnung für Fräulein, um zu erreichen, dass die Behörden nicht mehr zwischen der verheirateten Madame und der ledigen Mademoiselle unterscheiden. Im ach so progressiven Frankreich, dessen Frauenbewegung schon in den 70er-Jahren stolz war auf Errungenschaften wie Abtreibung und Pille, bleibt die Benutzung des Wortes Mademoiselle nämlich gang und gäbe.

Die Vereine "Chiennes de garde" (Wachhündinnen) und "Osez le féminisme" (Den Feminismus wagen) erklärten, es sei ein Eingriff in die Privatsphäre, wenn man Frauen zwinge, in Dokumenten das entsprechende "Fräulein"-Kästchen anzukreuzen. Ein "Monsieur" müsse schließlich keine Angaben machen, ob er verheiratet sei, wenn er zum Beispiel einen Pass beantrage oder auf der Homepage der Eisenbahn SNCF einen Fahrschein kaufe.

Im deutschsprachigen Raum habe man sich das "Fräulein" seit Jahren abgewöhnt, auf Englisch gebe es heute die behördliche Abkürzung "Ms" als Sammelbegriff für alle Frauen, warum also nicht auch in Frankreich?

Ob dieser Frage erhitzen sich die französischen Gemüter seit langem. Die Petition von vergangener Woche ist nicht die erste ihrer Art. Schon in den Achtzigern hatte Frauenministerin Yvette Roudy diese "Diskriminierung" unverheirateter Frauen angeprangert. Immer wieder reichen Frauenverbände Beschwerden ein, zum Beispiel wenn eine Frau 145 Euro zahlen muss, um den Namenszusatz "Mademoiselle" in "Madame" zu ändern.

Gesetz kennt kein Fräulein

Geändert hat sich aber bisher nicht viel. "Mademoiselle" wird wohl etwas weniger häufig verwendet, bleibt aber stark verbreitet. Das ist umso erstaunlicher, als die französische Gesetzgebung nirgendwo in Damen und Demoisellen trennt.

Der neueste Anlauf stößt in Internetforen und Leserbriefspalten auf mindestens so viel Kritik wie Zustimmung. Der Zeitpunkt für die Petition dürfte auch mit den Vergewaltigungsvorwürfen gegen Ex-Währungsfonds-Chef Dominique Strauss-Kahn zu tun haben. (Stefan Brändle aus Paris, DER STANDARD/Printausgabe 7.10.2011)