Wien - Die Kollektivvertragsverhandlungen für die Metallindustrie gehen am Mittwoch in der zweiten Verhandlungsrunde weiter. Zuletzt lagen die Vorstellungen weit auseinander - die Arbeitgeber boten 3,1 Prozent und eine Einmalzahlung von bis zu 200 Euro, die Arbeitnehmer wollen 5,5 Prozent Lohn- und Gehaltserhöhung. Dass die Gewerkschaftsvertreter ihre Lohnvorstellungen öffentlich kundgetan haben, ist ein Novum in der Herbstlohnrunde. Da sich angesichts der abschwächenden Konjunktur die Verhandlungsposition der Arbeitnehmer verschlechtert, wollen sie schnell abschließen und haben bereits mit Betriebsversammlungen den Druck erhöht.

Geht es nach der Industrie, dann bringen hohe Lohnforderungen auch die Gewerkschaften unter Druck - denn kräftige Abschlüsse würden die Betriebe schwächen und damit Arbeitsplätze gefährden. "Eine Abhaltung von Streiks ist verantwortungslos und stellt eine eminente Gefährdung des Wirtschaftsstandortes Österreich dar", so Arbeitgeber-Chefverhandler Christoph Hinteregger. Er bezeichnete das Angebot der Arbeitgeber als "fair und der wirtschaftlichen Situation angemessen". Auch WKÖ-Vize-Präsident Fritz Amann (RFW) warnte vor einer Überforderung der Unternehmen.

Für die Chefverhandler auf Arbeitnehmerseite, Rainer Wimmer (Pro-Ge) und Karl Proyer (GPA), ist das hingegen die übliche Schwarzmalerei, sie verweisen auf volle Auftragsbücher, satte Dividenden und Manager-Boni. Ausgangsbasis für die Verhandlungen in der Wirtschaftskammer Österreich ist die durchschnittliche Inflationsrate von 2,8 Prozent in den vergangenen 12 Monaten. Zuletzt lag aber die Teuerungsrate deutlich über 3 Prozent.

Gewerkschafter kämpferisch

Nach der Unterbrechung der Verhandlungen vor einer Woche gaben sich die Gewerkschafter kämpferisch: "Das Angebot der Arbeitgeber ist eine totale Missachtung der Kolleginnen und Kollegen, die unter der hohen Inflationsrate stöhnen", ärgerten sich Wimmer und Proyer. Sie betonten, die Industrie würde die "Dynamik in den Betrieben" unterschätzen. Sollte es bei der Verhandlungsrunde am 12. Oktober zu keiner Einigung kommen, werde es bereits am 13. Oktober "Kampfmaßnahmen" geben, drohten die beiden Belegschaftsvertreter. Wimmer stellte klar: "Wir reden über das, was die Firmen bereits in der Tasche haben." Er stellte sich damit gegen die Wünsche der Industrie, die am liebsten über die sich abschwächende Konjunktur und die Euro-Krise sprechen möchte.

Bereits vor der zweiten Verhandlung holen sich die Metallergewerkschaft (Pro-Ge) und die Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA) daher im Laufe des heutigen Tages die Streikfreigabe vom ÖGB. "Seit dem 5. Oktober nahmen in Länderkonferenzen in ganz Österreich etwa 2.000 Betriebsräte teil. Bis einschließlich heute Abend werden mehr als 400 Betriebsversammlungen abgehalten", rechneten die Teilgewerkschaften am Dienstag in einer Aussendung vor. Gibt es morgen keine Einigung, dann folgen Kampfmaßnahmen, drohen die Gewerkschaften.

Enttäuschte Arbeitgeber

Die Industrievertreter Christoph Hinteregger und Alfred Hintringer zeigten sich über den Verhandlungsabbruch vergangene Woche enttäuscht. Vonseiten der Gewerkschaft gebe es nur "stereotype Antworten". Man könne darüber nur den Kopf schütteln, so die beiden Chefverhandler der Arbeitgeber. Und sie erinnerten an die Abschlüsse in den vergangenen zehn Jahren, in denen die Gehaltserhöhungen im Schnitt um 0,7 Prozent über der Inflationsrate lagen. "Diese Reallohnzuwächse erhöhten sich noch um Mindestbeträge und Einmalzahlungen", betont die Industrie.

In der Metallindustrie sind rund 190.000 Menschen beschäftigt, davon knapp 20.000 Leiharbeiter. Im Metallgewerbe, das ebenfalls gerade die Kollektivverträge für das Jahr 2012 verhandelt, sind rund 200.000 Personen in Lohn und Brot. Die Arbeitnehmer im Gewerbe, die traditionell nicht so stark gewerkschaftlich organisiert sind, sehen sich gleich einer ganzen Reihe von Forderungen durch die Arbeitgeber konfrontiert: Kürzung der Kündigungsfristen, Entfall des Postensuchtages bei Selbstkündigung, Verkürzung der Weiterverwendungszeit von Lehrlingen auf das gesetzliche Ausmaß (3 Monate), Zulassung einer täglichen Normalarbeitszeit bis zu 10 Stunden im Rahmen einer 5-Tage-Woche, Entfall des Zeitzuschlages für Wochenstunden nach der 40. Stunde bei dem Modell der 'Erweiterten Bandbreite'. (APA)