Bild nicht mehr verfügbar.

Ziel der österreichischen GynäkologInnen ist einen schonendere Operationsmethode bei Brustkrebspatientinnen.

Foto: AP/Focke Strangmann

Wien - Der Trend zu einer immer schonenderen Behandlung von Patientinnen mit Brustkrebs geht weiter: Nach einem neuen Konsensus-Papier der Österreichischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (ÖGGG), das im Rahmen eines Meetings von ExpertInnen zahlreicher medizinischer Fachrichtungen erarbeitet wurde, soll der Anteil jener Frauen, bei denen im Rahmen der Operation auch die Lymphknoten in der Achsel entfernt werden, noch stärker reduziert werden. "Von den rund 1.500 Frauen pro Jahr, für die ein solcher Eingriff bisher angezeigt war, könnte er rund 500 Patientinnen erspart werden", sagte ÖGGG-Präsident Christian Marth.

Die Entwicklung der Therapie beim Mammakarzinom ist schon seit Jahrzehnten von dem Bemühen der MedizinerInnen bestimmt, bei gleich guten Heilungschancen möglichst zurückhaltend zu therapieren. Vorreiter war hier der italienische Spezialist Umberto Veronesi. Er wies unter anderem nach, dass eine brusterhaltende Operation in vielen Fällen möglich ist. Beim europäischen Krebskongress Ende September in Stockholm erhielt er dafür eine Auszeichnung für seine lebenslangen Errungenschaften.

Effizente Therapie mit geringen Nebenwirkungen

Von der radikalen Entfernung der Brust, in der ein Tumor entstanden ist, zur Entfernung der Geschwulst, von der Entfernung aller Lymphknoten in der Achsel zur Untersuchung des nächst gelegenen "Wächter-Lymphknotens" und einer Operation nur bei dort festgestellten Tumorzellen - so verlief bisher die Entwicklung. Marth, Vorstand der Universitätsklinik für Frauenheilkunde der MedUni Innsbruck: "Eine große amerikanische Studie mit insgesamt mehr als 800 Patientinnen und einer Beobachtungszeit von median 6,3 Jahren (50 Prozent darüber, 50 Prozent darunter, Anm.) hat aber vor kurzem ergeben, dass auch bei Patientinnen, bei der der sogenannte Wächter-Lymphknoten befallen ist, die Entfernung der weiteren Lymphknoten nicht notwendig ist."

Die US-WissenschafterInnen haben nach einer Zufallsverteilung 420 Frauen mit positivem "Wächter-Lymphknoten" weiter operiert, 436 jedoch nicht. Die Fünf-Jahres-Überlebensrate unterschied sich mit jeweils zwischen 95 bis 96 Prozent nicht statistisch signifikant. Auch in der Rückfallrate gab es keinen statistisch signifikanten Unterschied.

Daraus haben die österreichischen GynäkologInnen jetzt - vorsichtig, weil es auch Kritik an der in der Fachzeitschrift der Amerikanischen Ärztevereinigung (JAMA) veröffentlichten Studie gibt - Empfehlungen für das Vorgehen in Zukunft abgeleitet und diskutiert. Marth: "Durch die Fortschritte in der Frühdiagnostik werden positive Lymphknoten nur noch bei 25 Prozent der Patientinnen festgestellt. Das betrifft um die 1.500 von insgesamt rund 5.000 Frauen, bei denen jährlich die Neudiagnose Brustkrebs gestellt wird. Bei Patientinnen mit durch Gewebeuntersuchung bestätigtem mikroskopischen Befall des Wächter-Lymphknotens, Mikrometastasen mit einer Größe von weniger als zwei Millimetern Größe oder bei günstigen Tumoreigenschaften auch bei größeren Absiedelungen kann demnach die Entfernung unterbleiben."

Das würde für die in Frage kommenden Patientinnen vor allem die Vermeidung von häufig auftretenden Komplikationen und Langzeiteffekten der Entfernung der Lymphknoten bedeuten. Diese äußern sich besonders durch "Lymphstau" bzw. häufige Entzündungen. Im Endeffekt wäre das die Verwirklichung der Idee, die Umberto Veronesi - Partisan im 2. Weltkrieg in Italien, viele Jahre lang international führender Onkologie-Wissenschafter und auch italienischer Gesundheitsminister - seit Jahrzehnten verfolgt: Eine hoch effiziente Brustkrebstherapie mit möglichst wenigen Nebenwirkungen. Allein seine Arbeiten zur brusterhaltenden Chirurgie des Mammakarzinoms "ersparen" pro Jahr 200.000 bis 300.000 Frauen die "radikale" Entfernung der Brust bei der Krebserkrankung. (APA)