London  - Der chinesische Künstler und Regierungskritiker Ai Weiwei ist für das britische Magazin "ArtReview" der einflussreichsten Mensch im internationalen Kunstbetrieb. Die aktuelle Liste der 100 Mächtigsten der Kunstwelt, die jedes Jahr erstellt wird, wurde am Donnerstag in London veröffentlicht. Platz zwei belegen Hans Ulrich Obrist und Julia Peyton-Jones,  Direktoren der Serpentine Gallery in London. Mit dem Künstler Franz West (Platz 36) und dem in Salzburg und Paris tätigen Galeristen Thaddaeus Ropac (Platz 67) finden sich auch zwei Österreicher auf der Liste.

  "ArtReview"-Chefredakteur Mark Rappolt erläuterte auf Anfrage die Entscheidung für Ai Weiwei: "Ai Weiwei ist ein Beispiel dafür, wie Kunst die Grenzen der Galeriemauern überwinden und die wirkliche Welt erreichen kann." Meist führt ein Kunstmanager das Ranking an. Vor Ai Weiwei hat nur ein einziger anderer Künstler es jemals an die Spitze der Liste geschafft: Damien Hirst (2005 und 2008). Hirst landete dieses Jahr nur auf dem 64. Platz - unmittelbar vor Slavoj Zizek, Jeff Koons und Thaddaeus Ropac.

Ai Weiwei relativierte auf Anfrage die ArtReview-Kategorisierung: "Ich denke, die persönliche Macht ist begrenzt. Ein Mensch kann seinen Einfluss nur zur Geltung bringen, wenn sein Ausdruck wirksam ist. Die vorgebrachten Werte und seine Vorstellungskraft müssen von anderen geteilt werden. Insofern gehört seine Macht eigentlich all jenen, die sich mit den Werten der Kunst und der Menschlichkeit identifizieren."

Unter den Top Ten 2011 rangiert nur noch eine weitere Künstlerin - die US-Fotografin Cindy Sherman auf Platz sieben. Die meisten Persönlichkeiten auf der Liste sind dagegen Sammler, Galeristen, Kuratoren und vor allem Manager des Kulturbetriebs. "Die Kunstwelt setzt sich zusammen aus einer großen Zahl von Netzwerken und sozialen Kontakten", erläutert Rappolt. "Es geht nicht einfach darum, wer der beste Künstler ist. Die Liste spiegelt eine komplexe Wechselwirkung von sozialen, finanziellen und gelegentlich auch politischen Interessen. Sie ist ein Versuch, das transparenter zu machen."  (APA)