Einblick in "The Excitement Continues" mit Werken aus der Sammlung Leopold II.

Foto: Leopold-Museum/Bargad

Wien - "Du hast die Wahl. Du kannst dir Sorgen machen, bis du davon tot umfällst. Oder du kannst es vorziehen, das bisschen Ungewissheit zu genießen", sagte einst US-Schriftsteller Norman Mailer. Eine kluge Lebensweisheit. Im Leopold-Museum scheint es jedoch nicht gerade so, als würde die Ungewissheit darüber, was aus der Sammlung Leopold II" wird, genossen werden. Die private Sammlung des verstorbenen Museumspatrons Rudolf Leopold soll unter die Haube; am allerliebsten unter jene, unter der man bereits jetzt rund ein Drittel davon "verwaltet": unter die Marke Leopold-Museum.

Damit die leopoldinische Lebenssammlung beieinander bleiben kann, also wichtige Stücke als Dauerleihgabe im Haus verbleiben können, müssten aber einige Bedingungen vom Bund erfüllt werden, hält Diethard Leopold bei einer Pressekonferenz am Donnerstag fest: "Sonst bekomme ich Magengeschwüre." Eine der beiden anderen magenfreundlichen Lösungen - eine Entscheidung falle im Winter - ist jene, dass die Sammlung im Familienbesitz bleibt. Das dritte Szenario sieht einen Museumsneubau in Niederösterreich vor, eventuell betreut von der Kremser Donauuniversität. "Es wurde da von außen Interesse bekundet", hält Leopold es sehr offen. Er könne weder bestätigen noch dementieren.

Keine Illusionen mehr

Man gebe sich nicht der Illusion hin, dass der Bund einen weiteren Ankauf finanzieren kann, ergänzt Geschäftsführer Peter Weinhäupl, "diese Zeiten sind vorbei - leider". Dennoch könne man ihn nicht aus der Verantwortung entlassen. Warum ist der Bund überhaupt für eine Privatsammlung verantwortlich? Es wäre "verantwortungslos", eine so wichtige Sammlung ziehen zu lassen.

Die gewichtige Sammlung Leopold II ist 6000 Objekte schwer und wird gerade erfasst - und zwar im Leopold-Museum. "Kann sein, dass die eine oder andere Registrarin in der Woche ein wenig länger da ist", gesteht Weinhäupl. "Wir betreuen das aber mit großer Freude." Und: Das falle nicht so ins Gewicht, maximal 0,25 Personalstellen mehr, die Synergien zwischen der musealen und privaten Sammlung könne man nicht benennen. Man habe für Sonderausstellungen eben manchmal ein Werk der privaten Sammlung gebraucht, und das blieb dann da.

Das "Kulturgut ersten Ranges" umfasst sowohl gotische als auch volkskundliche Kunst, die für das Leopold-Museum mit seinem Schwerpunkt zur österreichischen Moderne wohl weniger relevant sind. Rund ein Fünftel davon sind Werke, die nach 1980 entstanden sind. Und es gäbe Potential zur Bereinigung, räumt Diethard Leopold ein. Einiges aus dem Konvolut von Otto-Mühl-Werken hätte sein Vater sicher für den Wiederverkauf erworben.

Bereinigen müsste man auch in der aktuellen Präsentation. The Excitement Continues zeigt zeitgenössische Stücke jener Kollektion, in der Rudolf Leopold dem Credo "Was mich erregt, sammle ich" folgte. Und das war vielerlei. Denn in der fortgesetzten Erregung findet sich ein buntes, 140 Arbeiten umfassendes Potpourri aus Phantastischem Realismus, Informel, Pop-Art, Wiener Aktionismus, Neuen Wilden und Neuer Figuration - gerade in letzterem Bereich ist vieles eher mau.

Für die Präsentation nahm man sich die Freiheit, ästhetischen Kriterien gegenüber kunsthistorischen Aspekten, etwa Ähnlichkeit von Form und Farbe, den Vorzug zu geben. Ein allzu intuitiver Zugang, der vereinzelt reizvolle Begegnungen birgt: wie etwa den Kontrast zwischen dem lasziv herabgerutschten Nachthemd in Robert Munteans Rückenakt und dem an Leichentüchern gemahnenden Textilien, die Valentin Oman auf Leinwand aufbrachte.

Stimmig ist die Ausstellungsarchitektur von Laurids Ortner. Mit im Warentransport erprobten Europaletten fand er das perfekte Material für eine "Sammlung in Schwebe". Der Geruch des rohen Holzes verströmt im Raum eine Sinnlichkeit, von der so manches Werk profitiert.  (Anne Katrin Feßler  / DER STANDARD, Printausgabe, 14.10.2011)