Ein Rechtsgutachten wird präsentiert, eilig ein Gegengutachten erstellt, die Schlachtwägen in Position gebracht. Bis Februar braucht es eine Entscheidung - sonst können Studiengebühren eingehoben werden, sagt einer der renommiertesten Verfassungsjuristen Österreichs. Oder sonst würden die Studiengebühren einfach auslaufen - sagt der Verfassungsdienst des Bundeskanzlers. Egal, wer nun rechtlich richtig liegt, es muss eine politische und parlamentarische Lösung geben, auf eigene Faust werden Universitäten wohl kaum Studienbeiträge einheben. Die Lösung eines gordischen Knotens also.

Studiengebühren können jedoch nicht zur Finanzierung der Hochschulen herangezogen werden. Sie können lediglich ein Steuerungselement sein, das dann aber zur Gänze zur sozialen Umverteilung dient. Im gleichen Ausmaß, in dem Gebühren eingehoben werden, müssen sozial-bedürftige Studierende oder jene mit besonderen Leistungen gefördert werden.

Ein möglicher Lösungsansatz ist die teilweise Einführung von Studiengebühren. Das Bachelor-Studium könnte für alle kostenfrei sein, das Master-Studium hingegen kostenpflichtig. Dies hätte mehrere Vorteile:

Jede und jeder könnte kostenlos ein Studium absolvieren, jedoch nur bis zum Master. Danach sollte es ein ausgedehntes Stipendiensystem geben.

Bachelor und Master würden die Bedeutung bekommen, die sie verdienen, als zwei separate Teile eines Hochschulstudiums. Zwischen dem Abschluss eines Bachelor-Studiums und dem Aufgreifen eines Master-Studiums könnten Studierende Berufserfahrung sammeln. Dafür müsste aber auch der Bachelor eine gewisse Anerkennung am Arbeitsmarkt bekommen. Für viele Bereiche würde ein Bachelor-Studium ja genügen.

Und das wichtigste: Die SPÖ könnte vermutlich damit leben, den freien Hochschulzugang für den Großteil der Studierenden aufrechtzuerhalten und die ÖVP hätte zumindest teilweise ihre Studiengebühren.

Doch vor einem solchen Beschluss sind Veränderungen notwendig. "Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei", heißt es in einer Inschrift im Neuen Institutsgebäude der Universität Wien. So weit so gut. Das soll und muss sie auch bleiben. Doch zur Erhaltung dieser Freiheit ist mehr notwendig als eine „Uni-Milliarde in alter Währung" oder die Einführung jedweder Studiengebühren. Es ist ein Systemwechsel notwendig, ein Bekenntnis und ein Investment in die Lehr- und Forschungseinrichtungen dieses Landes.

So wie die Universitäten heute ausgestaltet sind, kann man keine Studiengebühren verlangen. Sie sind unterfinanziert, strukturell schwerfällig, und halten den internationalen Vergleich nur mit Mühe stand. Unabhängig von der Frage, ob Studiengebühren sinnvoll sind, brauchen die heimischen Hochschulen substantiell mehr Mittel und langfristige Planungen. Investitionen in sie, bedeuten auch eine Sicherung unseres Wohlstands, unserer Wirtschaftsstruktur.

Erst wenn die Finanzierung besichert ist, sind Studiengebühren auf Masterebene sinnvoll und richtig. Bis die Universitäten jedoch über die notwendigen finanziellen Mittel verfügen ist eine Diskussion über Studiengebühren eine Ablenkung von dem eigentlichen Problem. (derStandard.at, 21.10.2011)