"Das Weib ist mein Hauptwerk", sagte Gustav Klimt, der so wie andere die Darstellung von Undinen oder Sirenen nutzte, um nackte Frauenkörper darzustellen: "Bewegtes Wasser" (1898, Privatbesitz).

Foto: Courtesy Galerie St. Etienne, New York

Wien - Es ist schlicht und einfach ein Kasten und nicht etwa Gustav Klimts erstes abstraktes Gemälde. Aber die Vorstellung, die rechteckigen Flächen links im Porträt der Fritza Riedler (1906) wären ein Hinweis auf erste Abstraktionen des Meisters hat manchem Kunsthistoriker gefallen. Im Belvedere steht der dunkle Schrank, der das Gegenteil beweist, nun gleich neben dem Bildnis der Ingenieursgattin: Sein spiegelndes Glas hat Klimt in ein goldenes Feld, dessen dunkles Holz in ein bronzefarbenes Rechteck übersetzt.

Ein ganz so einfacher Kasten ist es allerdings nicht. Josef Hoffmann hat ihn für Klimts Atelier ausgesucht. Ebenso wie den von ihm entworfenen Fauteuil auf dem sich Kollege Klimt fotografisch porträtieren ließ - im großfaltigen Kittel. Und doch will der Bärtige im uneitlen Reformkleid so gar nicht zu den extravaganten Möbeln passen. Und in der Tat - das Atelier wurde ihm eingerichtet. Eher zögerlich willigte Klimt auf ein Angebot des Wiener Werkstätten-Geschäftsführers ein, sich von Hoffmann das Atelier ausstatten zu lassen. Klimt, der ewige Junggeselle, schätzte Veränderungen in seiner Privatsphäre nicht.

Konträre Charaktere

Die Pioniere der Moderne Klimt und Hoffmann, beide "schwierige, hoch komplexe Persönlichkeiten, die eigentlich gar nicht zusammenpassen" (Kurator Alfred Weidinger) hat das Belvedere nun zusammengespannt: den aus gutbürgerlichen Verhältnissen stammenden Hoffmann, mit strengem Zwicker auf der Nase und in einen Dreiteiler aus feinem Tuch gekleidet, und den eigenwilligen Künstlersohn und Schwerenöter Klimt.

Was sie laut Weidinger eint, waren einerseits ihre Klientel und die Kreise in denen sie sich gesellschaftlich bewegten, andererseits Kunstgewerbe und Auseinandersetzung mit dem Thema Raum. Beide strebten nach einem Gleichklang zwischen bildender und angewandter Kunst. Und so liegt das Hauptaugenmerk der Ausstellung auch darauf, das Raumverständnis der damaligen Zeit, die dreidimensionalen Gesamtkunstwerke wie die Beethovenausstellung 1902 in der Secession oder das vor 100 Jahren fertig gestellte Brüsseler Palais Stoclet zu vermitteln.

Rekonstruktion ist dabei das Zauberwort. Man verlässt also atmosphärisch die barocke Architektur des Belvedere und taucht etwa in einen detailgetreuen Nachbau des linken Seitensaals der Secession ein. Dreidimensionales Leben hauchte man nicht nur den Plänen für das Ausstellungsgebäude der Wiener Kunstschau 1908 ein (Modell), sondern auch dem Stiegenaufgang der Stoclets: der führt den Besucher treppauf, vorbei an Wänden aus Paonazzo-Marmor und Jugenstil-Lustern. Seine Füße machen Bekanntschaft mit kostbarem Parkett und den nachgeknüpften Teppichen aus Halle und Speisesaal.

Eine solch' sinnliche Inszenierung der Hoffmann'schen Interieurs führte man erstmals 2006 in der Neuen Galerie in New York vor. Was dem dreidimensionalen Erlebnispark in Wien (Vergnügen sollen sogar die Merkzettel bereiten, die man wie Kalenderblätter aus Wandbildern lösen kann) fehlt, sind historische Fotos. Diese würden das öffentlich nicht zugängliche Palais Stoclet, auch jenseits des Katalogs verständlich machen. Als Beigabe in den ebenfalls als Raumkonzept visualisierten Biografien sind sie zu spärlich.

Die klassischen Klimt-Porträts ("Das Weib ist mein Hauptwerk") in Hoffmanns Inszenierungen zu präsentieren ist wunderbar. Nicht überall gelang die Rekonstruktion: Marie Henneberg hing etwa über dem Kamin. Dort endete die Baulust des Belvedere, das nicht die Feuerstelle rekonstruierte, sondern ein Wandstück frei ließ. Gegenüberstellungen von Klimt mit Bildern Khnoopfs oder das lange Zeit verschollen geglaubte Porträt Barbara Flöges mit Klimts Sonnenblumen sind allerdings ganz besonders geglückt. (Anne Katrin Feßler, DER STANADRD - Printausgabe, 25./26. Oktober 2011)