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Seit der Nahrungspreiskrise 2008 werden vermehrt Forderungen laut, afrikanische Bäuerinnen zu stärken. Im Bild eine malawische Bäuerin auf ihrem verdörrten Maisfeld.

Foto: REUTERS/HOWARD BURDITT

"Ernährungssicherheit" - dieses Schlagwort ist derzeit in aller Munde. Ereignisse wie die aktuelle Hungerkatastrophe in Ostafrika oder die immer wiederkehrenden Nahrungspreisesteigerungen zeigen, dass die Welt noch weit davon entfernt ist. Und die Probleme werden sich noch verschärfen: Laut Berechnungen der Vereinten Nationen steigt die Weltbevölkerung bis zum Jahr 2050 von derzeit sieben auf neun Milliarden Menschen an. Fast die Hälfte dieses Wachstums (49 Prozent) wird in Subsahara-Afrika stattfinden, schätzt die UNO weiter. 

Internationaler Tag für Landfrauen

Ein bisher unterbeleuchteter Weg, wie diese Sicherheit erreicht werden könnte, stellt die Förderung von afrikanischen Frauen im Agrarsektor dar. Pünktlich zum 15. Oktober, dem von der UNO eingeführten Internationalen Tag der Frauen in Ländlichen Regionen, trafen in Des Moines (Iowa) Ernährungs- und EntwicklungsexpertInnen zu einem Welt-Nahrungspreise-Gipfel zusammen, um über die zukünftigen Herausforderungen der Ernährungssicherheit zu debattieren.

Eine Forderung, auf die sich alle einigen konnten: Frauen, die für den Hauptteil der Nahrungspflanzen-Produktion in Afrika verantwortlich sind, sollen besser geschult und ihr Zugang zu wesentlichen Produktionsmitteln erleichtert werden. Mamanga Ngongi, Präsident des afrikaweiten KleinbäuerInnen-Interessensverbandes "Alliance for a Green Revolution in Africa" (AGRA) stellte allerdings klar: "Frauen brauchen nicht mehr Arbeit. Sie arbeiten bereits jetzt genug. Was sie aber brauchen, sind Technologien, die ihre Produktivität erhöht und ihren Arbeitsaufwand sinken lässt."

Kaum Landbesitz von Frauen

Während Männer vor allem gewinnbringende Pflanzen wie Kakao und Kaffee anbauen würden, seien es Frauen, die die Nahrungsmittel produzieren, vor allem Mais, Hirse, Süßkartoffeln und Erbsen. Mehr als die Hälfte der afrikanischen BäuerInnen sind Frauen, die meisten davon KleinbäuerInnen. Sie arbeiten als Töchter und Ehefrauen, als Lohn- und Schwarzarbeiterinnen auf den Feldern. Das Land gehört ihnen nur in den seltensten Fällen selbst.

Zur Verbesserung der Nahrungsmittelproduktion gelte es die Besitzrechte von Frauen zu ändern. "Das ist ein großes Handicap. Denn wenn eine Bäuerin nicht die Sicherheit hat, dass sie ein Stück Land über mehrere Jahre anbauen kann, warum soll sie es dann verbessern?", erläuterte Ngongi das Problem.
Die größten Hindernisse bestehen darin, dass Frauen oftmals wenig Ausbildung im Bereich der Landwirtschaft haben und zweitens vom Landkauf ausgeschlossen werden. "Entweder ist es illegal für Frauen, Land zu erwerben oder die Umstände sprechen gegen sie", erklärte Ritu Sharma, Präsidentin der US-amerikanischen NGO "Women Thrive Worldwide".

In Burkina Faso ist es beispielsweise so, dass eine Frau, um Land zu erwerben, vorher die Erlaubnis ihres Ehemannes benötigt, dann die der Männer im Dorf und schließlich die des lokalen Chefs. Wenn sie die Erlaubnis bekommt, ist für die zukünftige Landbesitzerin eine Registrierungsgebühr bezahlen, die das dreifache mittlere Monatseinkommen in Burkina Faso umfasst. "Wenn eine Mutter vor der Wahl steht, entweder ihre Kinder zu ernähren oder die Registrierungsgebühr aufzubringen, ist klar, wofür sie sich entscheiden wird. Diese Form der Diskriminierung vor Ort muss ganz klar benannt und bekämpft werden," so Sharma.

Laut einer Studie der Nahrungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen könnte der Ertrag um 20 bis 30 Prozent gesteigert werden, wenn Frauen den gleichen Zugang zu Produktionsressourcen hätten wie Männer. 

Globale Rahmenbedingungen verhindern Stärkung der KleinbäuerInnen

Doch all diese Maßnahmen können nur dann greifen, wenn auch die marktwirtschaftlichen Rahmenbedingungen gegeben sind. Auf die strukturellen Ungerechtigkeiten am globalen Markt für Nahrungsmittel machen globalisierungskritische Organisationen immer wieder aufmerksam. So weist etwa die AG Globale Verantwortung darauf hin, dass sich die ökonomische Situation von KleinbäuerInnen durch Beschlüsse wie das COTONOU-Abkommen (Vertrag zwischen der EU und den AKP-Ländern über die soziale und wirtschaftliche Zusammenarbeit) nicht verbessert hat. Im Gegenteil: Im Austausch für Entwicklungsgelder aus den "Geber-Ländern" müssen bedürftige Länder ihre Importzölle senken. "Ausländische Produktionsüberschüsse, durch Agrarsubventionen gepusht, überschwemmen die Märkte der AKP-Länder zu Dumpingpreisen", kritisiert Geschäftsführerin Petra Navara-Unterluggauer. Sie kommt zu dem Schluss: "Die Landfrauen brauchen über eine Verbesserung ihrer Bildungs- und Rechtssituation nicht weiter nachzudenken. Sie werden künftig für die Ernährung ihrer Familien auch noch betteln müssen." (Reuters/red, dieStandard.at, 27.10.2011)