Bild nicht mehr verfügbar.

Geht er geht er nicht? Silvio Berlusconi.

Foto: Reuters/Marco Valdo

Bild nicht mehr verfügbar.

Grafik: APA

Die aktuellen Stände der Kreditausfallsversicherungen (Credit Default Swaps, CSD) auf österreichische Staatsanleihen zeigen laut Bernhard Felderer, Leiter des Instituts für Höhere Studien (IHS), dass Österreich nicht so sicher auf seinem Triple-A-Rating sitzt wie erhofft. Die italienische Krise wirke sich auch auf die Alpenrepublik aus.

Derzeit notieren die CDS auf fünfjährige Staatsanleihen Österreichs bei 1,72 Prozent. Das heißt, um eine österreichische Staatsanleihe mit fünf Jahre Laufzeit gegen deren Ausfall zu versichern, muss ein Investor 1,72 Prozent der Summe an "Versicherungsprämie" bezahlen. Im Vergleich dazu: für italienische Anleihen muss man 5,24 Prozent berappen, für griechische knapp 55 Prozent, deutsche Bonds zu versichern kostet hingegen 0,95 Prozent.

Schuldenbremse

Felderer hat heute die österreichische Regierung dazu gedrängt, so schnell wie möglich eine Schuldenbremse in Verfassungsrang auf den Weg zu bringen. Da dürfe nicht mehr Monate gewartet werden. "Das ist aktuell zu tun". Eine solche Schuldenbremse bzw. ein "Schuldenlimit" wäre laut Felderer ein glaubhaftes Signal an die Finanzmärkte und Schutz vor einer Ansteckung durch Italien. Felderer warf in einer Pressekonferenz in Wien dazu das österreichische Triple-A-Rating in die Waagschale.

Der europäische Euro-Rettungsschirm EFSF mit 440 Mrd. Euro samt möglichem Hebel auf 1 Billion würde für Hilfen an Italien bei weitem nicht reichen. Italien müsse sich nächstes Jahr mit mehr als 400 Mrd. Euro refinanzieren und dafür sicher hohe Zinsen zahlen. Die Finanzmärkte seien dabei, ganz Europa das Vertrauen zu entziehen. "Berlusconi hat nicht nur Italien auf dem Kerbholz", so Felderer.

Kritik von der ÖBFA

Die Chefin der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur ÖBFA, Martha Oberndorfer, kritisierte noch am Dienstag, dass die Diskussionen um Österreichs Rating den Steuerzahler bereits "einiges" gekostet hätten. Der Bund zahle nun einige Basispunkte mehr an Rendite für Staatsanleihen. Österreich habe sich im bisherigen Jahresverlauf am Kapitalmarkt aber behaupten können, österreichische Staatspapiere könnten als "Flucht in die Qualität" angesehen werden. "Auch Investoren können sich freuen, der Total Return mit zehnjährigen Anleihen beträgt seit Jahresbeginn 7 Prozent", so Oberndorfer.

Sie könne aber nur bekräftigen, dass es keine Indikationen von irgendeiner Ratingagentur gebe, dass beim Triple-A-Rating Änderungen geplant seien. Ganz im Gegenteil, alle seien vor kurzem betätigt worden. Auch bei den Fundamentaldaten stehe Österreich international recht gut da, sagte Oberndorfer.

Das sieht Felderer anders. In den nächsten zwei bis drei Wochen sei die Ratingagentur Moody's wieder in Österreich, Standard & Poor's sei im Sommer dagewesen. Felderer schloss auf Nachfragen in einer Pressekonferenz nicht aus, dass Österreich bei dieser nächsten Überprüfung jetzt auf negeativen Ausblick gestell werden könnte. Die Credit Default Swaps (CDS) signalisierten, dass Österreich "nicht so sicher auf seinem Triple A sitzt wie wir das gern hätten".

Unter zehn Triple-A-Ländern Europas koste eine Staatskreditausfallsversicherung heute nur für Frankreich mehr als für Österreich. Österreichs Triple-A-Rating wackle, so Felderer: "Wenn wir nichts tun, falls die Ansteckung weitergeht, ist unser Top-Rating in Gefahr." Schafften es die Italiener nicht, ihre Krise in den Griff zu bekommen, hätte auch Österreich ein großes Problem. "Es kann passieren, dass auch österreichische Anleihen dann seltener gekauft werden, was auch hierzulande teurere Zinsen für die Staatsschuld bedeutet", glaubt Felderer. Österreich habe für ein "Signal" nur ein paar Wochen Zeit.

Schuldenbremse

Zur Schuldenbremse meinte Felderer am Mittwoch, dass in der Koalitionsregierung seit Wochen Papiere zur Einführung einer Schuldenbremse in Verfassungsrang hin- und hergingen. Zuletzt sei es aber leider stiller geworden. Auch Notenbankgouverneur Ewald Nowotny habe vor zehn Tagen dieses Instrument eindringlich empfohlen. In Krisenzeiten würden daraus erwachsende Verpflichtungen ausgesetzt. Felderer hält eine Vorlaufzeit von fünf bis sieben Jahren für realistisch, ähnlich wie am deutschen Muster. Im Gespräch sei hierzulande eine Limitierung der Neuverschuldung auf 1 Prozent des BIP.

Deutschland hat seine im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse vor mehr als zwei Jahren beschlossen. Die Schuldenbremse dort schreibt vor, dass die Neuverschuldung im Bundeshaushalt ab 2016 nur noch 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts umfassen darf. Ausnahmen sind Konjunktureinbrüche oder sonstige Katastrophen.

Ginge es nach den jetzigen Vorschauen, würde Österreich im Jahr 2016 noch rund ein Prozentpunkt auf 1 Prozent Defizit fehlen. "Wenn der Konjunktureinbruch nicht längere Zeit dauert, können wir das schaffen", sagte Felderer. Einsparungen sähe Felderer genug, angefangen bei den Förderungen. Die Vorschläge der Experten füllten viele Akten. Allerdings sieht er aktuell wegen der Krisen ringsum und der rückläufigen Konjunktur nicht viel Raum zum Sparen. Es sei nicht möglich, jetzt "in die Krise hineinzusparen". Der Staat sei ja ein großer Nachfrager. Das Instrument scheide jetzt einmal aus - auch wenn ein Sparpaket auf lange Sicht wohl nicht erspart bliebe.

Ohne Schuldenlimit sei man dem internationalen Vertrauensentzug der Finanzmärkte schutzlos ausgeliefert, glaubt der IHS-Chef. Schuldenlimite in Verfassungsrang würden an den Märkten ernster genommen als Versprechungen von Politikern.

1,1 Milliarden

Die ÖBFA hat am Dienstag im Namen der Republik über die Kapitalmärkte erneut 1,1 Mrd. Euro frisches Geld aufgenommen. Die 3,50-Prozent-Bundesanleihe 2006-2021 wurde um 600 Mio. Euro auf 13,6 Mrd. Euro aufgestockt, die Angebote lauteten auf 1,46 Mrd. Euro. Die 4,00-Prozent-Bundesanleihe 2006-2016 wurde um 500 Mio. auf 10,8 Mrd. Euro aufgestockt, hier machten die Gebote 1,14 Mrd. Euro aus. Die akzeptierte Durchschnittsrendite lag beim Langläufer bei 2,992 Prozent, beim Kurzläufer betrug sie 1,960 Prozent.

Die Auktion sei grundsätzlich recht gut verlaufen, sagte ÖBFA-Chefin Oberdorfer. Die Emissionen seien deutlich überzeichnet gewesen und trotz eines leichten Zinsanstieges in den letzten Tagen sei man vom absoluten Niveau her deutlich unter dem Niveau gelegen, welches zu Jahresbeginn für heuer angenommen worden sei. "Das ist gut für den Steuerzahler", so Oberndorfer.

Ob und in welchem Umfang im Dezember eine weitere Auktion stattfinden wird, sei noch nicht entschieden, so Oberndorfer. Dass sei von vielen Faktoren abhängig. Oft werden der Dezember-Termin auch abgesagt. Am geplanten Emissionsvolumen von 16 bis 19 Mrd. Euro bleibe es. Einschließlich der heutigen Auktion wurden bisher - inklusive 10 Prozent Eigenanteil - 17,14 Mrd. Euro emittiert.
Per Ende Oktober beliefen sich die Finanzschulden des Bundes auf knapp 182 Mrd. Euro, das waren um 2,9 Prozent mehr als per Jahresende 2010, als sie 176,8 Mrd. Euro ausmachten.  (rom/Reuters/APA, derStandard.at, 9.11.2011)