Jackson - Der US-Bundesstaat Mississippi gilt gemeinhin als einer der konservativsten Landstriche der Vereinigten Staaten. Am Dienstag hat sich die Bevölkerung dennoch überraschend deutlich gegen die Forderung gewandt, bereits die befruchtete Eizelle als Mensch zu definieren.

Über 55 Prozent der WählerInnen stimmten bei dem von Ultrakonservativen angestrengten Referendum gegen den Vorschlag. Im Vorfeld hatte sich bei Umfragen noch ein Kopf-an-Kopf-Rennen abgezeichnet. Und das, obwohl sich auch die KandidatInnen für die ebenfalls am Dienstag abgehaltenen Gouverneurswahlen, der Republikaner Phil Bryant (gewann deutlich) und der Demokrat Johnny DuPree, für die neue Definition ausgesprochen hatten.

Abtreibungsrecht in Gefahr

Einer der zentralen Inhalte der Debatte war die Frage nach den Konsequenzen einer Annahme des Vorschlages. Denn die Initiatoren waren überzeugt, in diesem Fall das im Jahr 1973 vom Obersten Gerichtshof der USA festgeschriebene Recht auf Abtreibung aushebeln zu können. Auch ein Verbot bestimmter Verhütungsmethoden wie etwa der "Pille danach" wäre so möglich geworden.

Es ist nicht der erste Versuch der Konservativen in diese Richtung. In den Jahren 2008 und 2010 scheiterten sie bei Abstimmungen im Bundesstaat Colorado deutlich. Sie hoffen aber, im kommenden Jahren auch Referenden in Florida, Ohio und South Dakota zu erreichen.

Mit dem Votum in Mississippi unterscheidet sich die dortige Definition, ab wann ein Mensch ein Mensch ist, deutlich von der Rechtsmeinung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH).

Der hatte Ende Oktober entschieden, dass ein Patent auf Verfahren, bei denen embryonale Stammzellen verwendet werden, nicht möglich ist. Somit gilt zumindest in dieser ökonomischen Frage, dass eine befruchtete Eizelle ein Embryo ist, der dem vollen Schutz der Menschenwürde unterliegt. (moe, DER STANDARD, Print, 10.11.2011)