Wien - Die Wiener Grünen kritisieren die bisherige Umsetzung des neuen Prostitutionsgesetzes, das seit 1. November in Kraft ist. "Wir stecken auf halbem Weg", stellte Sozialsprecherin Birgit Hebein fest. Es gebe noch nicht genügend sichere und ausreichend Plätze für die Straßenprostitution. Man müsse "Tacheles reden und mutige Entscheidungen treffen", wo die Frauen stehen dürfen, forderte sie. Die grüne Mandatarin will unter anderem über Erlaubnisbereiche in der Innenstadt diskutieren.

Seit Anfang des Monats ist der Straßenstrich im Wohngebiet verboten. Lediglich beim Auhof und beim Prater dürfen Frauen legal anschaffen gehen. Der Auhof sei jedoch "unsicher und abgelegen" und im Prater würde es zu Konflikten unter den Damen kommen, da dort zu wenig Platz sei, beklagte Hebein.

Sie betonte, dass das neue Prostitutionsgesetz ein "rot-grüner Kompromiss" sei. Hebein hat das Regelwerk mitverhandelt. Zwei Ziele hätte man mit dem neuen Gesetz erreichen wollen: Einerseits sollten die Wohngebiete entlastet werden. Im alten Gesetz sei die Situation eskaliert, weil der Raum, wo Frauen stehen durften, immer enger geworden sei, so die Sozialsprecherin. Andererseits hätten bis zum Inkrafttreten des neuen Gesetzes Bereiche geschaffen werden sollen, wo Frauen Straßenprostitution im sicheren Rahmen ausüben können: "Das haben wir nicht geschafft."

Verordnungsverfahren laufen

Derzeit sind Verordnungsverfahren für die Schaffung von drei Erlaubniszonen, die im Wohngebiet liegen, im Gang. Die betroffenen Bereiche befinden sich am Neubaugürtel in Neubau, am Sechshausergürtel in Rudolfsheim-Fünfhaus und am Josef-Holaubek-Platz am Alsergrund. Doch das ist Hebein zu wenig, sie fordert weitere Erlaubniszonen: "Wir brauchen dringendst noch Bereiche, im Interesse aller." Sie hoffe sehr auf den gemeinsamen Willen, um zu Verbesserungen zu kommen.

Straßenprostitution im 1. Bezirk

Es müssten "mutige Entscheidungen" getroffen werden, wo die Sex-Arbeiterinnen stehen dürften, forderte die grüne Mandatarin. In diesem Zusammenhang erneuerte sie ihren Appell an die BezirksvorsteherInnen, Bereiche zur Verfügung zu stellen. Die Grünen haben auch Vorschläge, wo denn Straßenprostitution stattfinden könnte: Neben Abschnitten am Gürtel und dem Handelskai käme auch der Südbahnhof-Bereich infrage. "Wir haben auch vorgeschlagen, über den ersten Bezirk zu diskutieren - warum nicht?", so Hebein.

Wie viele Erlaubniszonen insgesamt notwendig sind, konnte Hebein nicht sagen. Es gebe in Wien 200 Straßenprostituierte, für die sichere Plätze geschaffen werden müssten. "Eine Verdrängung und Kriminalisierung führt nur zu mehr Problemen", mahnte sie.

Kritik ließ nicht lange auf sich warten

Die Kritik ließ nicht lange auf sich warten: "Die Tourismus- und Freizeitwirtschaft Wiens spricht sich entschieden gegen die Straßenprostitution aus", zeigt sich Josef Bitzinger, Obmann der Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft der Wirtschaftskammer Wien, entrüstet: "Sollen die Damen vielleicht neben dem Stephansdom stehen dürfen? Das Herz des touristischen Wiens darf auf keinen Fall ins falsche Rotlicht gerückt werden", so Bitzinger in einer Aussendung.

Mit "Nein danke, hatten wir schon", kommentiert die Obfrau der FPÖ-Inneren Stadt, die Nationalratsabgeordnete Heidemarie Unterreiner, den Vorstoß: Wie seinerzeit etwa in der Krugerstraße würden die AnrainerInnen unter den negativen Begleitumständen genauso leiden wie ganze Bezirksteile unter dem neuen Schmuddelimage, befürchtete sie in einer Aussendung.

Wolfgang Ulm, Sicherheitssprecher der Wiener ÖVP sagte, es sei bezeichnend, dass selbst die Sozialsprecherin der Grünen das selbst geschaffene Gesetz kritisiert. Der Vorschlag Hebeins, im ersten Bezirk eine Erlaubniszone einrichten zu wollen, sei wohl dem heutigen Faschingsbeginn geschuldet, mutmaßte der ÖVP-Politiker. (APA)