Ein weiterer Vorteil des Lebens in der Gruppe: Man tut sich - wie hier Langschwanzmakaken - bei der Fellpflege sehr viel leichter.

Foto: Roy Fontaine

London/Wien - Wie kam es, dass wir Menschen heute im Normalfall in mehr oder weniger stabilen Paarbeziehungen leben und viele Affenarten in unterschiedlichen Gruppenstrukturen? Die Anthropologin Susanne Shultz (Uni Oxford) ging diesen beiden Fragen mit Kollegen nach, indem sie die Lebensweisen von 217 Primatenarten evolutionär rekonstruierten.

Ihre statistischen Analysen lieferten ein nicht ganz triviales Ergebnis: Die ursprünglich einzelgängerisch lebenden Urprimaten dürften sich vor 52 Millionen Jahren zunächst zu gemischtgeschlechtlichen Gruppen zusammengeschlossen haben. Der Grund war wohl der Wandel von einer nachtaktiven zu einer tagaktiven Lebensweise, schreibt das Team um Susanne Shultz in der britischen Wissenschaftszeitschrift "Nature" (online).

In Gruppen konnten sich die Primaten nämlich besser gegen ihre natürlichen Feinde verteidigen, die tagsüber umherstreifen, so die Begründung der Forscher. Die Gruppe ist zwar "auffälliger" als ein einzelnes Individuum; das Kollektiv bietet umgekehrt aber auch besseren Schutz.

War der erfolgreiche Schritt vom Eigenbrötler zur Gruppe erst einmal getan, kam es zu weiteren Ausdifferenzierungen: So entwickelten sich Gruppen mit jeweils vielen Weibchen und Männchen, wie das heute etwa bei den Pavianen der Fall ist. Eine andere Abzweigung führte zu eher haremsartigen Strukturen wie bei den Gorillas. Bei der Evolution des Primaten Homo entwickelte sich schließlich in puncto Sozialverhalten einzigartige Flexibilität, die ihre "Normalform" in der stabilen Paarbeziehung hat. (tasch/DER STANDARD, Printausgabe, 12. 11. 2011)