Eine gespielte Weltreise: Die Berge des Wadi Rum standen Pate für einen Teil der Kulissen in Sonys aktuellem Videospiel-Flaggschiff "Uncharted 3".

Foto: Alois Pumhösel

Konzeptzeichnung zum Spiel.

Foto: Sony

Wadi Rum im Herbst 2011: Jede Menge Jeeps poltern kreuz und quer durch die rötlichen Felsschluchten. Auf den Beifahrersitzen haben passionierte Videospieler Platz genommen und sollen die Fahrer zu bestimmten Zielen in der Wüste lotsen, wo sie auf im Sand vergrabene Kalaschnikow-Attrappen stoßen oder mit Äxten werfen müssen. Der Unterhaltungskonzern Sony veranstaltet die Schnitzeljagd, um Aufmerksamkeit für sein neues Videospiel-Flaggschiff Uncharted 3: Drake's Deception (Playstation 3) zu generieren.

Auch im Spiel wurde die im Süden Jordaniens gelegene Wüstenlandschaft als virtuelle Kulisse nachgebaut. Einige Filmproduktionen, Vorfahren der interaktiven Spielfilme auf den Spielkonsolen, griffen bereits auf die Wüstenidylle zurück, seit Peter O'Toole 1962 in Lawrence von Arabien Bilder der Wüste und des Archäologen, Agenten und Schriftstellers T. E. Lawrence in den Köpfen der Nachwelt zementiert hat. Sogar den Mars ließ man das Wadi Rum mimen.

Mit T. E. Lawrence, der hier 1918 an der Arabischen Revolution gegen das Osmanische Reich teilnahm, ging das Naturspektakel in die westliche Geschichtsschreibung ein. Lawrence wurde gegen seinen Willen berühmt. Auch Uncharted 3 spielt mit der Geschichte von T. E. Lawrence, vermengt historische Gemeinplätze mit Fiktion, um eine farbenfrohe Grundierung für seine heldenhafte Identifikationsfigur zu schaffen. Zentraler Angelpunkt zwischen Spiel und Lawrence ist die sagenumwobene Stadt Iram. Sie wird bereits im Koran und in 1001 Nacht genannt. Der Abenteurer Lawrence soll sich für sie interessiert und sie als "Atlantis der Wüste" bezeichnet haben. Die Versatzstücke einer solchen Hintergrund-Story sollten zumindest über Google zu finden sein, führt ein Entwickler bei der Präsentation in der Wüste aus.

Schauplätze, Abwechslung im Actiongetümmel, Geschichts- und Popkulturverweise innerhalb einer in Vor- und Rückblenden gezeichneten Story - alles ist darauf ausgerichtet, möglichst dichte Atmosphäre zu schaffen. Mit ihr gewinnt man die Spieler. Uncharted 3 ist großes Kino unter den Videospielen, die Fachmedien bejubeln es.

Indiana Jones, der archetypische Abenteurer des modernen Blockbusterkinos, war einer der Paten für die Hauptfigur im Spiel, Nathan Drake, der durch die verschiedensten Schauplätze weltweit prügelt, schleicht, schießt und klettert, um Artefakte, Schätze und die verlorene Wüstenstadt ausfindig zu machen. Um den Glücksritter selbst historisch zu erden, wurde ihm als Urahn der Pirat Francis Drake untergejubelt.

Mit GPS und Funk durchs Wadi

Österreichs Kandidatin bei der inszenierten Schatzsuche in der Wüste heißt Stefanie Lauscher. Die Linzerin hat wie ihre Kollegen schon eine GPS- und Funkgerät-Einschulung von einem Ex-Marine hinter sich, bevor die Jeep-Safari losgeht. Der jordanische Fahrer wird trotzdem ohne ihr Zutun navigieren.

Der Tag in der Wüste ist kräftezehrend, hat aber einige Attraktionen zu bieten: den jungen Beduinen in der typischen weißen Kleidung, der mit großer Gucci-Sonnenbrille, Zigarettenhalter und der Gestik eines androgynen Popstars beeindruckt. Die sehr entspannten Wüstenbewohner und die selbstverständliche Bewirtung mit Tee in den Beduinenzelten. Und vor allem die Felsformationen wie aus einem Fantasy-Roman, das Labyrinth aus rotem Sandstein mit nichts als feinem Wüstensand dazwischen. Die Landschaft des Wadi Rum ist für sich selbst genommen schon ein gewaltiges Epos. Diese Atmosphäre bekommt auch das Spiel nicht zustande. (Alois Pumhösel/DER STANDARD/Rondo/18.11.2011)