Frau Jelinek hat zum Tod von Schlingensief gesagt: "Ich dachte immer, so jemand kann nicht sterben. Es ist, als ob das Leben selbst gestorben wäre." Das ist der Satz, der mir in den Sinn kam, als ich von Herrn Tomtschek‘s Unfalltod hörte. Wer dieser Tage aufmerksam durch Wien geht, merkt vielleicht, es ist einen Tick trauriger geworden.

Auch wer ihn nicht kannte, und sich --> hier erst informieren muss. Es wird, zumindest im Wiener Raum, mit ein wenig Recherche so sein, dass jeder jemanden kennt, der irgendwann oder irgendwo auf eine Aktion von Herrn Tomtschek gestoßen ist. Auf einen Film, ein Buch, eine seiner vielen Veranstaltungen oder Stücke. Alle ein bisschen kindisch, alles mit ein bisschen Psychologie ("Momzilla"), durchaus politisch und immer mit viel Liebe (H.a.p.p.y). Herr Tomtscheks Kunst machte leichtherziger. Das tat vielen gut.

Sein konsequentes künstlerisches Vorbeiproduzieren an jedweder wirtschaftlichen Verwertbarkeit hatte etwas ehrlich Subversives. So gut kann sich das Leben anfühlen, wenn man Egoismus oder vordergründigen Nutzen nicht zulässt. Eigene Ideen liebt. Die, wie er sagte, "bescheuerten Projekte" wurden mit professionellem Ernst, Intelligenz, persönlichem Fleiß und ungeheurem Aufwand vorbereitet. Mit klugem Nützen seines Netzwerkes und der Talente der Beteiligten. Und dann mit viel Freude am Gelingen einfach getan. Gelingen hieß nicht kommerzieller Erfolg.

Gelingen hieß, dass ES passierte. Die Umsetzung der eigenen Idee als die ultimativste Form der Befriedigung. Da können Belohnungen wie Macht oder Geld nicht mithalten. Angesichts der Menge an Leuten, die er über einen langen Zeitraum erreicht und inspiriert hat, war sein Schaffen ein ungemein erfolgreiches. 

Was hätte sein müssen, in einer besseren Welt, weiterhin mit Herrn Tomtschek? Eine Professur für ihn in einer Kunstuniversität zum Thema "Künstler sein ohne künstlich zu sein". Beratungsjobs in der Politik, Wirtschaft und Finanzwesen zu den Themen "Wie packe ich Visionen nicht in Konventionen, damit etwas anders werden kann?", "Wie geht es menschlich?" "Wie löse ich‘s freundlich?" 

Mit Herrn Tomtschek, diesem autarken Königskind, ist ein großer Lehrer gegangen. Wir können jetzt nur hoffen, dass wir einen Hauch von dem verstanden haben, was er so selbstverständlich voller Inbrunst vorzuleben vermochte. 

Seien wir uns wichtig. Seien wir h.a.p.p.y. Und das konzentriert und miteinander (derStandard.at, 21.11.2011)