Evian – "Wir können Meinungsverschiedenheiten haben, doch das heißt nicht, dass wir nicht anständig miteinander umgehen", meinte US-Präsident George Bush auf der Terrasse des Tagungshotels "Royal", wo er sich am Montag mit Gipfelgastgeber Jacques Chirac kurz der Presse stellte. In einem Vier-Augen-Gespräch hätten sie auch den früheren Streitpunkt Irak nicht ausgelassen, meinte Bush. "Gerade weil wir sehr ehrlich sind, kann ich sagen, dass wir gute Beziehungen haben." Bush dankte dem französischen Staatschef ausdrücklich für die Kooperation bei der neuen Irakresolution im UNO-Sicherheitsrat.

Diskrepanzen

Weniger einhellig präsentierten sich die Meinungen am Morgen bei einer allgemeinen Aussprache über die weltwirtschaftlichen Aussichten. Die Europäer werfen der Bush-Administration mehr oder weniger offen vor, die aktuelle Schwäche des Dollar zu wahlpolitischen Zwecken – unter anderem der Exportstimulierung – aktiv zu fördern. Die Amerikaner waren dagegen, das Thema in der G-8-Schlusserklärung auch nur zu erwähnen; offiziell stand es nicht einmal auf der Themenliste.

Vonseiten der kanadischen Delegation hieß es, "fast alle" acht Regierungschefs hätten die für die europäische Volkswirtschaften schädlichen Wechselkurse angeschnitten – gemeint waren in erster Linie die drei EU-Staaten Frankreich, Deutschland und Italien, während Japan, Großbritannien, Kanada und Russland weniger Aufhebens darum machen. Bush habe sich, wie es hieß, durchaus für einen "starken Dollar" ausgesprochen, aber angefügt, dass gewisse "Marktfluktuationen" nicht ausgeschlossen werden könnten; auf jeden Fall sei US-Notenbank-Chef Alan Greenspan verantwortlich für Währungsfragen.

USA stützen starken Dollar

Nach diesen wenig erhellenden Erklärungen präzisierte der amerikanische Präsidentensprecher: "Die Vereinigten Staaten unterstützen einen starken Dollar." Daher sei es "wichtig, eine Politik zu betreiben, die das Wachstum in den Vereinigten Staaten vorantreibt". An den Finanzmärkten stieg der Dollar leicht gegenüber dem Euro.

Alle G-8-Vertreter bezeichneten es als ein Hauptziel der Tagung, der Weltwirtschaft eine "Botschaft des Vertrauens" zu vermitteln, wie Chirac resümierte. Auch Bush meinte: "Wir haben den gemeinsamen Wunsch, dass unsere Volkswirtschaften wachsen." Dies erklärt schon zu einem Gutteil die zur Schau gestellte Lockerheit an der Tagung in Evian. Sämtliche Delegationschefs bemühten sich sichtlich um "Entspannung". Sogar ein Gespräch zwischen Bush und dem deutschen Kanzler Schröder kam zustande. Es soll zwei Minuten gedauert haben. (Stefan Brändle aus Evian, DER STANDARD Print-Ausgabe, 3.6.2003)