Wien - Die Gewerkschaft hält am Dienstag den größten Streik der Zweiten Republik ab. Wohl kaum eine ÖsterreicherIn wird nicht von den Kampfmaßnahmen des ÖGB gegen die Pensionspläne der Regierung betroffen sein. Der öffentliche Verkehr steht praktisch bundesweit still, die Exekutive versieht nur Notdienst, Schulen, Universitäten und Kindertagesheime bleiben geschlossen. Auch in hunderten Betrieben wird teils den ganzen Tag über die Arbeit niedergelegt. Hauptverkehrsadern wie die Wiener Triesterstraße und die Flughafenzufahrt in Schwechat werden blockiert.

Kompromissbereitschaft signalisierte die Gewerkschaft am Tag vor ihrem Mega-Streik nicht. Bei einer Pressekonferenz der ÖGB-Spitzen wurde zum x-ten Mal die Forderung deponiert, dass die Regierung ihren Entwurf zurückstellen müsse und die Sozialpartner dafür einen gemeinsamen Entwurf bis 30. September ausarbeiten würden. Ausdrücklich von der Gewerkschaft hervorgehoben wurde, dass die Proteste von den Belegschaften mitgetragen würden: "Die Grundstimmung in der Bevölkerung ist da", meinte Präsident Fritz Verzetnitsch. Metaller-Chef Rudolf Nürnberger fügte hinzu, man dürfe nicht glauben, dass die Gewerkschaft für einen Streik einfach nur auf den Knopf drücken müsse und es gebe eine riesige Beteiligung.

Genaue Zahl der beteiligten Betriebe noch unklar

Wie viele Betriebe sich an dem Ausstand beteiligen, wurde von den ÖGB-Spitzen nicht verraten. Es würden aber hunderte und damit wesentlich mehr als beim letzten "Abwehrstreik" am 6. Mai sein. Bereits sicher sind dabei Arbeitsniederlegungen in den Papierfabriken Steyrermühl und Sappi (Gratkorn), sowie bei Lenzing und Semperit. Im Bereich der Metaller sollen dem Vernehmen nach in jenen Betrieben Abwehrstreiks stattfinden, in denen es bereits am 6. Mai Aktionen gab. Damals waren u.a. Opel, BMW, Siemens, Böhler-Uddeholm und die voestalpine betroffen. Hinzu kommen diesmal auch die Brauereien.

Nix geht bei...

Dick da bei den Kampfmaßnahmen ist wie immer der öffentliche und halböffentliche Dienst. So wird keine Post ausgeliefert, kein Müll abgeführt, kein Unterricht abgehalten, Kinder werden nicht betreut, der Parteienverkehr in den Ämtern wird eingestellt, und Busse und Züge bleiben in Garage bzw. Remise. Durch diverse Straßenkundgebungen sind auch Probleme im Individualverkehr zu erwarten.

Dienstgeber-Seite beklagt Imageschaden

Die Dienstgeber-Seite reagiert auf die Kampfmaßnahmen zunehmend ungehalten. Die Wirtschaftskammer beziffert die Kosten mit 600 Millionen bis zu einer Milliarde Euro. Dazu komme noch der "unschätzbare" Imageschaden für den Standort. Dementsprechend wenig Begeisterung herrscht bei den Arbeitgebern. "Wir haben kein Verständnis für diesen Streik, hier wird ein politisches Thema auf dem Rücken der Konzerne ausgetragen", hieß es etwa seitens der voestalpine. BMW Steyr bedauerte das Vorgehen des ÖGB. Die Post prüft bereits eine Klage gegen die Gewerkschaft.

Bekannte Standpunkte der Parteien

Die politischen Stellungnahmen vom Montag entsprachen den schon bekannten Standpunkten. SPÖ und Grüne zeigten für die Streiks Verständnis, während Volkspartei und Freiheitliche diese verurteilten bzw. zum Dialog aufriefen. Wann die Pensionsreform nun tatsächlich beschlossen wird, bleibt vorerst offen. Der 4. Juni als Termin wurde am Montag endgültig abgesagt, ein neues Datum gibt es vorher nicht. (APA)