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Strasser under Attack: Der Entwurf zum Asylgesetzt des Innenministeriums wird nun auch vom Außenministerium und dem Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt scharf kritisiert.

montage: derStandard.at (foto: reuters)
Wien - Sowohl der Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt als auch das Außenministerium äußerten Mittwoch schwere Bedenken zur Novelle des Asylgesetzes. Der Entwurf, den Innenminister Ernst Strasser (VP) vorgelegt hat, sei teilweise diskriminierend und enthalte menschenrechtswidrige Passagen. Ähnlich vernichtende Urteile zur geplanten Novelle hatte es bereits zuvor von Hilfsorganisationen sowie vom UNHCR gegeben - DER STANDARD berichtete.

Quasi zum Aufwärmen verreißt der Verfassungsdienst die formale Gestaltung des Entwurfs. In der vorliegenden Form könne das Papier nicht einmal im Ministerrat behandelt werden. "Auf die zur Verfügung stehenden automatischen Formatierungsinstrumente wird hingewiesen", heißt es ätzend.

Inhaltliche Kritikpunkte:

Sichere Drittstaaten:

Strasser plädiert für eine Liste sicherer Herkunftsländer und Drittstaaten. Flüchtlinge, die von dort nach Österreich einreisen, können sofort wieder zurückgeschoben werden. Doch Bundeskanzleramt und Außenministerium geben zu bedenken, dass im Fall einer feststehenden Staatenliste ein Asylwerber in ein für ihn nicht sicheres Land geschafft werden könne. Dies könnte eine Verletzung der Menschenrechtskonvention darstellen und einen Verstoß gegen die Genfer Flüchtlingskonvention, weil es zu Kettenabschiebungen von Staat zu Staat kommen könnte. Die Juristen fordern Einzelprüfungen aller Anträge.

Asylfreier Grenzstreifen:

Auch die geplante Regelung, wonach Personen, die innerhalb von zehn Kilometern ab Grenze im Staatsgebiet aufgegriffen werden, wieder über die Grenze zurückgeschickt werden können, wird heftig kritisiert. Der Verfassungsdienst hält dies für diskriminierend, weil dadurch Fremde "nicht begründbar" in zwei verschiedene Klassen geteilt würden.

Neuerungsverbot:

Das so genannte Neuerungsverbot, wonach in zweiter Instanz (mit Ausnahme von traumatisierten Personen und Folter opfern) keine neuen Fakten mehr vorgebracht werden dürfen, halten die Experten für unbegründet. Und: Was ist, wenn in der ersten Instanz fehlerhaft gearbeitet wurde?

Durchsuchung:

Weitere Einwände gibt es bezüglich der verpflichtenden Durchsuchung von neu ankommenden Asylwerbern, dies sei ein Verstoß gegen die Wahrung der Privatsphäre.

Entfernungsverbot:

Kritik kommt auch zum Passus, wonach sich Asylwerber bis zu 20 Tage nicht aus der Erstaufnahmestelle entfernen dürfen. Damit wäre wiederum die unveräußerliche Privatsphäre beeinträchtigt. Außerdem sei nicht erklärt, was unter "ungerechtfertigtem Entfernen" zu verstehen sei.

Das Asylgesetz soll noch vor der Sommerpause den Nationalrat passieren, in Kraft treten könnte es Anfang kommenden Jahres. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 5.6.2003)