John Beranek (li.) und Erich Hornig beim umgefahrenen Gefahrenschild in Wien-Floridsdorf.

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Kontrolle der Blinklichter und der Absperrungen an einer bröckelnden Hausfassade.

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Sockel-Sanierung einmal anders: Das Gefahrenschild liegt am Asphalt, der Betonsockel muss her.

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Absperrlatten und ...

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... Blinklichter im Depot der MA 48 in Wien-Hernals.

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Im 16. Bezirk wird für die Sperrmüllsammlung ...

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... eine Halteverbotszone geschaffen.

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Andreas Kutheil ist der Chef der MA 48 für die Straßenreinigung und den Winterdienst.

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Wenn nichts mehr zu retten ist, dann holt Erich Hornig den Vorschlaghammer. Den hat er immer im Auto, griffbereit. Nähert sich dann mit dem Werkzeug langsam der Unfallstelle, nimmt Maß, holt aus, und drischt auf eine umgeknickte Metallröhre ein. So lange, bis der Asphalt rundherum locker wird. Dann legt Hornig den Vorschlaghammer unter das Metall, um das im Boden versenkte Ende der Stange aus der Erde zu hebeln. Es handelt sich um ein Verkehrsschild, vermutlich von einem Lkw umgefahren. Kollege John Beranek stellt danach einen Betonsockel hin, die beiden montieren die Verkehrsschilder um, und schon sitzen sie wieder in ihrem orangefarbenen Kleinlaster.

Hornig und Beranek gehören zum "Bereitschaftsdienst für notstandspolizeiliche Maßnahmen". Dieser untersteht der Magistratsabteilung 48 und sorgt rund um die Uhr dafür, dass es auf Wiens Straßen so gefahrlos wie möglich zugeht. Die insgesamt neunköpfige Truppe schildert Baustellen ordnungsgemäß aus, sperrt Gehsteige ab, wenn Fassaden abbröckeln, oder räumt umgefahrene Schilder weg.

Morgenstund in Orange

6.00 Uhr früh: Dienstbeginn in der Lidlgasse in Wien-Hernals. Eine Handvoll Männer in orangefarbenen Overalls ist schon da, einer davon bestückt 150 neu eingetroffene Halogen-Blinklichter mit Batterien. Dutzende rot-weiß gestreifte Absperrleisten lagern hier, außerdem hunderte Sockel aus Hartgummi oder Beton, und tausende Verkehrszeichen. Letztere können hier auch gegen eine geringe Gebühr tageweise ausgeliehen werden.

"Von den Fahrbahnverengungen haben wir nur zwei mit - die brauchma nicht so oft", sagt Hornig, als er den Wagen startet. Der gelernte Tischler mit dem kahlen Kopf und dem nach unten abfallenden Schnauzer kontrolliert, ob die Kollegen, die gerade vom Nachtdienst zurückgekommen sind, den Kleinlaster ausreichend bestückt übergeben haben. "Am wichtigsten sind die ersatzpflichtigen Verkehrszeichen", erklärt er auf der Fahrt zum ersten Einsatzort, der Höhenstraße. Dort ist kürzlich eine Leitschiene beschädigt worden, sie wurde mit Blinklichtern gesichert.

Fahrverbot und "Paradeiser"

Ersatzpflichtige Verkehrszeichen sind solche, wo es zu einer Gefährdung kommen kann, wenn sie beschädigt werden oder fehlen: "Allgemeines Fahrverbot", "Halt" und "Vorrang geben" gehören dazu, aber auch Geschwindigkeitsbeschränkungen und das Schild "Einfahrt verboten", im Fachjargon oft nur "Paradeiser" genannt.

Auf Höhe der defekten Leitschiene schaltet Hornig das gelbe Blinklicht auf dem Autodach ein, fährt rechts ran und steigt aus. Kurz hantiert er im Laderaum, dann ruft er Beranek mehrere Zahlen zu. Es sind die Gerätenummern der neuen Blinker, die der Kollege zunächst wiederholt und dann fein säuberlich notiert. Die mit Vorhängeschlössern gesicherten Lampen werden ausgetauscht, eine Sache von einer Minute.

Weiter geht die morgendliche Kontrollfahrt. Beranek, der die ersten beiden Stunden recht schweigsam an seinem mitgebrachten Frühstücksbrötchen knabbert, später mit dem Reporter in astreinem Hochdeutsch über Qualitätsjournalismus plaudert, hat 15 Adressen auf seiner Liste. In Hietzing bröckelt der Putz von einer Fassade. Die Männer des Bereitschaftsdiensts haben hier den Gehsteig gesperrt und einen Ersatzgehsteig eingerichtet. Im 6. Bezirk gab es in der Nacht einen Wasserrohrbruch. Im 16. Bezirk muss eine Halteverbotszone für die Sperrmüllsammlung eingerichtet werden.

Urlauber-Fotos und Notfälle

"15 Meter sollen frei bleiben, das sind ungefähr drei Autos", erklärt Hornig beim Aufstellen der Schilder, auf denen Datum und Uhrzeit des Parkverbots stehen. Beranek fotografiert die Autos, die sich nun darin befinden. "Es könnte ja sein, dass jemand im Urlaub ist und davon nichts erfährt. In diesem Fall muss man nichts zahlen fürs Abschleppen."

Manchmal wird die Kontrollfahrt unterbrochen, wenn aus der Funkzentrale ein Notfall gemeldet wird. Manchmal findet aber auch eine "Eigenwahrnehmung" statt: Dem Trupp fällt etwas auf, was sofort behoben werden sollte - sofern gerade keine dringende Sache ansteht.

"Vorrangig ist immer das, wo mehr Gefährdung ist", sagt Hornig auf der ersten "Einsatzfahrt". In Floridsdorf hat die Funkzentrale ein umgestoßenes Gefahrenzeichen nahe des Shopping Centers Nord gemeldet. Das bordeigene Navi findet die Adresse nicht gleich, Hornig steigt trotzdem aufs Gaspedal.

Bereitschaftsdienst oder Spezialeinheit

Zu rund tausend solcher Akut-Einsätze rückt der Bereitschaftsdienst pro Jahr aus, erklärt Andreas Kutheil später in seinem Büro im 5. Bezirk. Er ist Leiter der Straßenreinigung und des Winterdienstes in der MA 48 und koordiniert den Einsatz von 400 Fahrzeugen.

Wenn etwa ein Streifenpolizist im Dienst etwas wahrnimmt, meldet er das der Funkstelle der MA 48. "Und hier wird dann entschieden, welcher Trupp zuständig ist." Kutheil dirigiert nämlich nicht nur den notstandspolizeilichen Bereitschaftsdienst, sondern auch die mobile Spezialeinheit der "48er", die "Kehrforce".

Nach Floridsdorf in die Horst-Winter-Promenade muss der Bereitschaftsdienst. Hornig und Beranek sehen schon von weitem das stark geknickte Schild, als sie sich von der A22-Verlängerung dem Zielort nähern. Der Versuch, das Schild wieder aufzurichten, scheitert - der Vorschlaghammer muss her. Rasch ist der Betonsockel aufgestellt und die Gefahrenschilder "53 zwo Anton" (Fußgänger) und "53 zwo Berta" (Radfahrer) erneuert. "Wir sollten binnen einer Stunde am Ort des Gebrechens sein", sagt Hornig, als die beiden nach 15 Minuten in der Floridsdorfer Kälte wieder im Wagen Platz nehmen.

Absperrlatte um zwei Euro am Tag

"Wir machen alles, wo die Polizei oder die Feuerwehr nicht so richtig zuständig sind", erklärt Kutheil. Im Winter gibt es mehr Einsätze, was einerseits "am Wechsel von Warm auf Kalt", am Frost und darauf folgenden Wasserrohrbrüchen liegt. Andererseits gibt es wegen der schlechten Fahrbahnbedingungen mehr Unfälle, hauptsächlich in den großen Flächenbezirken Floridsdorf und Donaustadt, wo immer wieder mal ein Verkehrszeichen auszutauschen ist.

Oft können die Verursacher des Schadens nicht herausgefunden werden. Falls doch, meldet der Bereitschaftstrupp die Daten der Zentrale.

So wie auch Namen und Adresse einer Baufirma, die eine Baustelle in Floridsdorf nicht ausreichend gesichert hat. Der Bauzaun steht zu nah am Fahrradweg. "Hier gehört ein 'Achtung Baustelle' hin", sagt Hornig. Die Absicherung wird der Baufirma später in Rechnung gestellt werden, inklusive aller Kontrollfahren. Abgerechnet wird nach Minuten.

Die Preise reichen von zwei Euro pro Tag für eine Absperrlatte (siehe Tarifübersicht) "bis unendlich", bemerkt Kutheil - denn mitunter hängt so manches Schild auch jahrelang an einer Gefahrenstelle. Und so manche Rechnung erweist sich auch später als uneinbringlich.

Bezirks-Hopping

Bis 18.30 Uhr dauert Hornigs und Beraneks Dienst noch, dann haben sie zwei Tage frei. Dann folgen vier Tage Nachtdienst und wieder zwei freie Tage.

Zu tun gibt es hier immer etwas. Zunächst muss eine Absperrung im dritten Bezirk eingezogen werden, die Baupolizei hält sie für nicht mehr notwendig. Auch die schon kontrollierte Absperrung in Hietzing kann wieder weggeräumt werden, von der Fassade dürfte keine Gefahr mehr ausgehen. Und für die vielen noch wegzuräumenden Verkehrszeichen ist der Vorschlaghammer stets griffbereit. (Martin Putschögl, derStandard.at)