Harald Gohm würde gefallen, wenn es "das" Tiroler Energiehaus geben würde.

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Thomas Friedman, Kolumnist der New York Times, sagt, dass die Standorte der Zukunft "klein, sicher, wohlhabend und kühl" sein sollten. Dieser Satz ist Musik in den Ohren von Harald Gohm, Geschäftsführer der Standortagentur Tirol, weil er meint, dass alle Attribute auf das Bundesland passen. Friedmans Worte geben ihm wohl auch Mut bei der Arbeit, obwohl Gohm sicher keine Befürchtungen hegt, das Tourismusland nicht noch mehr als bisher als Forschungs- und Technologiestandort positionieren zu können. Es gelte nur, einige Besonderheiten zu beachten.

An der Universität und der Med-Uni Innsbruck würde es zwar Spitzenforschung in vielen Bereichen wie etwa den Life Sciences geben, die Themen seien aber nicht immer die der betrieblichen Forschung. Betriebsansiedlung ermögliche ein Matching. Die Standortagentur Tirol versucht, Hochschulen und Unternehmen zusammenzubringen.

Die Voraussetzungen waren ursprünglich nicht die besten, weil die Tiroler eher Einzelgänger sind und Kooperation nicht gewöhnt waren, wie Gohm meint. Die entsprechenden Programme - auch die des Landes, die die Standortagentur abwickelt - wurden trotzdem sehr gut angenommen, sagt er: Translational Research etwa bietet die Möglichkeit einer Forschungskooperation am Übergang zur Anwendung, die über drei Jahre mit maximal 100.000 Euro pro Jahr und Projekt gefördert wird. Mit dem von der EU kofinanzierten Programm K-Regio werden Projekte von KMUs mit Forschungseinrichtungen, die ein hohes, aber kalkulierbares Risiko haben, unterstützt. Die Mittel: 300.000 pro Jahr und Projekt.

Gohm stimmt nicht ins allgemeine österreichische Wehklagen über wenig Geld für Start-up-Gründungen ein. Die Tiroler Forscher würden mehrheitlich nicht Unternehmer werden wollen. Ob der Mut oder nur die Lust fehle, Firmenmanager zu werden, könne er nicht sagen. Diejenigen, die den Schritt wagen, seien mit den vorhandenen Förderprogrammen gut bedient: Im Gründerzentrum Cast wurden bis Oktober 2011 insgesamt 42 technologieorientierte Gründungen gefördert und begleitet. Der Businessplanwettbewerb Adventure X von Standortagentur, Cast und Wirtschaftskammer Tirol startet im Jänner 2012 zum elften Mal: Bisher haben in zehn Bewerben etwa 1800 Tiroler teilgenommen, mithilfe des Wettbewerbs gegründete Unternehmen beschäftigen heute tausend Mitarbeiter.

Derzeit werden etwa 2500 Startups jährlich gegründet - mehrheitlich nicht im Technologiebereich. "Viele Start-ups kommen aus dem Gesundheits- und Wellnessbereich, da könnte es mehr Kooperationen mit den Life Sciences geben", sagt Gohm. Mehr könnte nie schaden - auch beim Thema Energie nicht. Hier wurde mit dem Geld des Landes eine weitere Uni-Professur eingerichtet. Ziel: "Wir wollen einmal das Tiroler Energiehaus produzieren."

Gohm ist zufrieden: Schließlich hat das Land seit 2003 seine F&E-Ausgaben um 100 Prozent erhöht. Im Ranking der Bundesländer-Forschungsquote liegt Tirol auf dem dritten Rang nach Wien und der Steiermark, hart bedrängt und immer wieder überholt von Oberösterreich.

Dazu beigetragen hätten vor allem die Unis. Impulse kamen durch die Programme der Forschungsförderungsgesellschaft FFG, weniger durch den Steuerfreibetrag der Forschungsprämie, "weil hier die innerbetriebliche Forschungsleistung der Unternehmen insgesamt unterdurchschnittlich ist". Diese Lücke gelte es eben mit Kooperationsprojekten zu überbrücken. Das seien die Tiroler gewöhnt. "Wir wissen, wie man Schluchten überwindet." (DER STANDARD, Printausgabe, 30.11.2011)