Immer mehr Hotelbetreiber verzichten auf die Kategorisierung nach Sternen. Architekt Christian Heiss sieht darin eine große Chance für individuelle Lösungen, sagte er im Gespräch mit Wojciech Czaja.

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STANDARD: Bisher gab es in der Hotellerie Sterne. Nun ist man mit Ausdrücken wie "Low Budget Deluxe" konfrontiert. Was bedeutet das?

Heiss: Manche Hotelbetreiber verzichten auf Sterne und wollen selbst definieren, was sie unter Luxus verstehen und wie sie ihre Gäste verwöhnen. Bestes Beispiel dafür ist die Minibar, die in einem Vier-Sterne-Hotel Vorschrift ist. Tatsache ist: Manche Gäste legen darauf gar keinen Wert, weil sie lieber in der Lobby sitzen und ein Glas Wein trinken anstatt ein Fläschchen Schnaps in den Becher zu kippen. Außerdem sind Minibars unökologisch und unwirtschaftlich.

STANDARD: Wie schafft man als Architekt den Spagat zwischen billig und luxuriös?

Heiss: Am meisten Spielraum hat man beim Image und in der Gestaltung der persönlichen Komponente, etwa wenn man die Lobby mit urbanem Flair aufladen kann. Die Sonderlösungen sind riskant, aber wenn Betreiber und Gäste mitspielen, dann gehen selbst die gewagtesten Konzepte auf.

STANDARD: Und wo liegen die Baukosten? Low Budget oder Deluxe?

Heiss: Ein Designhotel muss nicht mehr kosten. Es braucht nur mehr Brain in der Entwicklung. Ein etwas höherer Planungsaufwand ist immer noch günstiger als ein etwas teureres Standard-Zimmer, dessen Mehrkosten sich dann 100- oder 200-mal multiplizieren.

STANDARD: Einige Designhotels nutzen Bausubstanz aus den Fünfziger- und Sechzigerjahren. Warum?

Heiss: Die Gebäude aus dieser Zeit sind technisch nicht immer auf dem perfekten Stand. Doch man weiß, dass die Gäste in einem Hotel experimentierfreudig sind und sich gerne in eine extravagante Wohnsituation begeben, die für kurze Zeit ungewöhnliche Sehnsüchte befriedigt. Da nimmt man den einen oder anderen Nachteil wie Überhitzung oder Straßenlärm in Kauf.

STANDARD: Worauf muss man bei der Sanierung dieser Gebäude besonders achten?

Heiss: Im Fall des Daniel haben wir die Fassade von diversen Gutachtern überprüfen lassen. Wir haben großes Glück gehabt, denn der Zustand ist zwar nicht perfekt, aber sehr gut. Die schwierigsten Themen sind neben der Fassade die Statik, die Brandsicherheit und sämtliche hotelspezifische Vorgaben, bei denen die Behörde zwischen Neubau und Altbau keinerlei Unterscheidung vornimmt. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 3./4.12.2011)