Foto: Franko Petri

Unsere fleißige WWF-Truppe hier wird jeden Tag größer. Sie versuchen, die unendliche Zahl an Sitzungen, Veranstaltungen, Pressekonferenzen und Vorträgen irgendwie zu bewältigen. Wer immer an einer Veranstaltung teilnimmt, schreibt danach ein Protokoll, das sofort an uns alle ausgeschickt wird. Und diese Protokolle kommen alle paar Minuten herein, man kommt kaum mehr zum Lesen. Einige Kollegen hier scheinen die Nacht durchgearbeitet zu haben, denn das zeigen die vielen Emails, die während der Nacht hereinkamen. Unsere Medienleute sind ständig damit beschäftigt, das Detailwissen der Experten für unser Team verständlich zu machen und so zu komprimieren, dass wir damit arbeiten können. Alle wissen, dass diese Woche eine der längsten und stressigsten unseres Lebens sein wird. Ich selbst habe noch nie in so kurzer Zeit so viele Emails bekommen. Die Informationsflut ist nur schwer zu bewältigen. Deshalb startete unsere Kollegin aus Indien heute eine kurze Yoga-Session mit Pranayama bei unserer Morgensitzung. Wir hatten zwei Minuten Zeit um kurz durchzuatmen und uns auf unsere innere Kraft zu konzentrieren, die wir heute dringend brauchen.

Wie sieht es aus hier in Durban? Tagelang schienen die Positionen der Länder verhärtet. Die USA blocken alles, die EU bewegt sich zu wenig. Europa will keine ambitionierteren Ziele für ein neues Kyoto-Abkommen. Die EU bekennt sich nur zu den bisher bestehenden Zielen. Die Entwicklungsländer fordern mehr Geld der reichen Nationen um den Schaden durch den Klimawandel einigermaßen bewältigen zu können. Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen machte heute klar, dass bei den derzeitigen politischen Zusagen zu den Emissionsreduktionen das Zwei-Grad-Ziel nicht eingehalten werden kann.

Gestern drückte China zum ersten Mal seinen Willen aus, einem rechtlich verbindlichen Kyoto-Abkommen zuzustimmen, wenn bestimmte Kriterien erfüllt werden. Das wäre ein großer Durchbruch, denn China und auch Indien haben das bisher immer abgelehnt. Und China ist für knapp ein Fünftel der weltweiten Emissionen verantwortlich. Jedoch braucht es dazu auch konkrete Ziele zur Reduktion der Treibhausgase und die Verpflichtung bis 2020, das auch durchzusetzen. Sonst werden wir bald eine Atmosphäre bekommen, die an die vier Grad wärmer sein wird als noch vor 100 Jahren.

Auch Afrika meldete sich gestern zu Wort. Die Minister von 50 afrikanischen Staaten fordern eine zweite Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls. Die Staaten befürchten zu Recht, dass die Folgen des Klimawandels sie mit voller Wucht treffen werden. Mehr als eine Milliarde Afrikaner werden davon betroffen sein. Sie wollen eine Reduktion der Treibhausgase um 40 Prozent bis 2017 und um 95 Prozent bis 2050. Um die schlimmsten Folgen bewältigen zu können, fordern sie 1,5 Prozent des Bruttonationalprodukts der Industrieländer für die Klimahilfe an die Entwicklungsländer.


(Video: Tracey aus Botswana äußert ihre Bedenken hinsichtlich des Klimawandels.)

Gebannt starrt die Welt heute und morgen auf Brasilien, denn morgen soll im brasilianischen Senat über die Änderungen zum Forstgesetz abgestimmt werden. Sollte der Senat dem zustimmen, sind 790.000 Quadratkilometer Regenwald in Gefahr. Milliarden Gigatonnen würden dann in den nächsten zehn Jahren in die Atmosphäre gelangen.

Heute und morgen findet eine Reihe von wichtigen Veranstaltungen statt, bei denen es um die Rolle der Unternehmen und der Industrie gehen wird. Dazu trifft sich unser internationaler WWF-Direktor Jom Leape morgen mit dem UN-Generalsektretär Ban Ki-moon und einer Reihe von Ministern und Staatssekretären im Botanischen Garten von Durban. Vielleicht sollten die Politiker und die Vertreter vor ihren Reden ebenfalls einmal kurz innehalten, tief durchatmen, die Gerüche der Pflanzen verinnerlichen und einige Minuten Yoga machen, bevor sie zu sprechen beginnen...