Wien - Wegen falscher Zeugenaussage ist am Dienstag im Wiener Straflandesgericht die Mutter eines 23-Jährigen rechtskräftig zu acht Monaten bedingter Haft verurteilt worden. Über diesen war im vergangenen Mai in erster Instanz - Termin für die Berufungsverhandlung gibt es noch keinen - eine lebenslange Freiheitsstrafe verhängt worden, weil er in der Nacht auf den 2. Juli 2010 seine Ex-Freundin in seiner Wohnung in Wien-Hietzing erstochen und zerstückelt haben soll.

Die 58-jährige Mutter hatte in dem Geschworenenverfahren mehrfach die Unwahrheit gesagt, indem sie unter anderem den Verdacht auf einen älteren Bekannten ihres Sohnes zu lenken versuchte. Unter Wahrheitspflicht gab sie zu Protokoll, zwei Detektive hätten in ihrem Auftrag einen "Kronzeugen" ausfindig gemacht, der die Verwicklung dieses Bekannten in die Bluttat bestätigen könne.

In Wahrheit hatte die Frau selbst den Detektiven den Namen eines angeblichen, tatsächlich nicht existenten "Kronzeugen" genannt, der ihren Sohn entlasten könne. Einen Rechercheauftrag hatte es nie gegeben.

Telefon der Mutter abgehört

Ebenso unwahr war die Aussage der Mutter, eine während der Verhandlung im Publikum anwesende junge Frau nicht zu kennen, die den Prozessverlauf vor dem Zeugenauftritt der Mutter teilweise heimlich mitgeschnitten hatte. Die Mutter wusste nicht, dass die Staatsanwaltschaft mit richterlicher Genehmigung während der Verhandlung ihr Telefon überwachen ließ, weil der Inhalt eines Briefes an ihren in U-Haft sitzenden Sohn Anlass zur Befürchtung gab, die Frau werde versuchen, das Beweisverfahren zu manipulieren. Aus den Protokollen der Telefonüberwachung (TÜ) ergab sich, dass sich die Mutter vor ihrer Zeugenaussage mit der jungen Frau abgesprochen hatte.

"Es ist durchaus verständlich, dass eine Mutter in dieser Situation für ihren Sohn alles versuchen möchte. In diesem Fall hat sie aber die Grenzen des Strafrechts überschritten", legte nun Staatsanwalt Hannes Wandl dar. "Ich glaube nicht, dass jemand in diesem Saal ist, der nicht Verständnis für sie hat", gab Verteidiger Hans-Christian Leiningen-Westerberg - vor seiner Pensionierung selbst als Richter und später als Staatsanwalt tätig - zu bedenken.

"Außerordentlicher Unrechtsgehalt"

Die 58-Jährige bekannte sich schuldig, war aber zu keiner weiteren Aussage bereit: "Ich möchte gar nichts sagen." Trotz des Geständnisses, ihrer bisherigen Unbescholtenheit und ihrer psychischen Ausnahmesituation sprach Richter Stefan Apostol eine Bewährungsstrafe aus, die sich nicht an der Untergrenze des gesetzlich vorgesehenen Strafrahmens bewegte: "Gerichte sind darauf angewiesen, dass Zeugen die Wahrheit sagen. Der Versuch, Beweismittel in einem Mordverfahren zu manipulieren, hat einen außerordentlichen Unrechtsgehalt, der in der Strafe Niederschlag finden muss." (APA)