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"Das Zusammenwachsen ist ein langer Prozess."

Foto: AP/Punz

Standard: Wie würden Sie Eberau und den Pinkaboden charakterisieren?

Gludovatz: Ich bin vor vierzig Jahren hierher gekommen und habe einen Menschenschlag kennengelernt, der in sich gekehrt ist, aber auch sehr familiär. Hier lebt man unmittelbar an der ungarischen Grenze im österreichischen Abseits. Der Pinkaboden war ein toter Winkel. Das hat sich zwar durch die Grenzöffnung geändert, aber ruhig ist es immer noch.

Standard: Wie und warum hat es Sie nach Eberau verschlagen?

Gludovatz: Ich stamme aus dem nördlichen Burgenland, bin Lehrer geworden und habe hier an der Hauptschule unterrichtet. Als Lehrer ist man dann auch schnell integriert, ich habe hier meine Frau kennengelernt, auch sie ist Lehrerin. Ich war aber auch sportlich tätig beim SV Eberau zuerst als Spieler, später als Obmann und in anderen Funktionen.

Standard: Jetzt teilen Sie das Schicksal vieler Burgenländer: Sie pendeln.

Gludovatz: 1982 bin ich quasi nach Wien ausgewandert. Das war so ziemlich das Gegenteil von Eberau. Aber dadurch habe ich Eberau dann wieder so richtig schätzen gelernt. Hier kann man zu sich kommen. Ich tue das auch häufig, und sei es nur für einen Tag.

Standard: Mittlerweile ist die Grenze verschwunden. Hat sich das Leben dadurch geändert?

Gludovatz: Schon, ja. Nach der Grenzöffnung habe ich bald einen guten Kontakt zur Nachbargemeinde Prostrum, also Szentpéterfa gehabt. Ich bin ein Burgenlandkroate und habe mit den kroatischen Nachbarn deshalb auch problemlos reden können. Mittlerweile sind wir hier fast dreisprachig. Ein paar Brocken Ungarisch kann ich, und zur Not geht es auch mit Händen und Füßen.

Standard: Liegt die Perspektive der Gegend ostwärts?

Gludovatz: Ich habe meine Hausarbeit über den Anschluss Deutsch-Westungarns an Österreich geschrieben. Ich weiß also um die historischen Wurzeln der Region. Steinamanger ist ja im Grunde die Hauptstadt des ganzen Südburgenlands. Mittlerweile sind auch viele österreichische Firmen dort, arbeiten Österreicher in Szombathely. Aber das Zusammenwachsen ist ein langer Prozess.

Standard: Eberau leidet unter Abwanderung und Geburtenrückgang. Die Hauptschule wurde geschlossen, wird jetzt als konfessionelle Privatschule weitergeführt.

Gludovatz: Mein Schwiegervater hat die Schule vor mehr als 60 Jahren gegründet. Ihn hat fast der Schlag getroffen, als man die Schule zusperrte. Es gab zu meiner Zeit mehr als 200 Kinder, die hier unterrichtet wurden. Aber es war absehbar, dass die Zahl rasant sinken würde. Vielleicht war man ein wenig blauäugig, hätte sich rechtzeitig stärker um eine Schul-Sonderform kümmern müssen.

Standard: Die Hälfte der jetzigen Schüler sind Ungarn. Ist das gut so?

Gludovatz: Mehrsprachigkeit ist gut, natürlich. Aber man muss das schon auch ordentlich umsetzen. Wenn ein zu großer Anteil einer Klasse nur Ungarisch spricht, dann ist das kontraproduktiv. Man muss schon im Kindergarten ansetzen, was auch passiert. Aber auch das dauert halt noch.(Wolfgang Weisgram, DER STANDARD, Printausgabe, 31.12.2011/1.1.2012)