Pregarten hat das, was Hagenberg fehlt: ein gewachsenes Zentrum mit allem, was dazugehört: Kirche, Stadtamt, Geschäfte.

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Aus der Luft ist es sichtbar: Die Gemeinde Hagenberg ist mit dem Softwarepark Hagenberg ...

Foto: Softwarepark und FH Hagenberg

... groß geworden. Für die Bürgermeisterin ein „Glücksgriff".

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Hagenberg/Pregarten - "Sie müssen die linke Tür bei der Kirche nehmen und ganz durchgehen, dann kommen Sie zum Gemeindeamt." Den drei älteren Herrschaften entgeht trotz ihres Vormittagsplauscherls nicht, dass innerhalb weniger Minuten zum zweiten Mal ein und dieselbe Person mit suchendem Blick an ihnen vorbeigeht. "Ich hab's der Kühtreiber eh schon g'sagt, dass sie einen Wegweiser aufstellen soll." In einem Anbau des Gotteshauses hat Hagenbergs Bürgermeisterin Kathrin Kühtreiber ihre Amtsstube.

"In Hagenberg gibt es kein gewachsenes Ortszentrum", erklärt Pregartens Bürgermeister Anton Scheuwimmer (ÖVP), warum das Gemeindehaus des Nachbarortes etwas versteckt liege. Für ihn zugleich ein Grund, warum seine Stadt mit Hagenberg fusionieren sollte. Man ergänze sich perfekt.

Pregarten mit dem Branchenmix rund um den Stadtplatz und Kultureinrichtungen wie der Bruckmühle; Hagenberg als Wissenschafts- und Schulzentrum. Dazu Wartberg mit seinen Betriebsbaugebieten, ebenfalls nur zwei Kilometer von Pregarten entfernt. Damit wäre die "Stadt Aist" geboren. Wäre. Wurde aber nicht.

Denn seine Parteikollegin Kühtreiber will von Scheuwimmers Fantasien nichts hören. Bei der Bürgerbefragung in ihrem Ort stimmten 90,3 Prozent gegen eine Fusion. "In Zeiten der Globalisierung braucht der Mensch seine Heimat, seine Verwurzelung", begründet sie die hohe Ablehnung.

Der Apotheker des Ortes sieht dies etwas anders. Die Abstimmung fand er "demokratiepolitisch bedenklich". Statt zu informieren habe die Politik vorab emotionalisiert. Laut Bürgermeisterin hat Hagenberg mit dem Softwarepark und der dazugehörigen Fachhochschule für die (nahe) Zukunft ausgesorgt.

Dass die Ortschefin ihre Gemeinde, obwohl sie ein Minus erwirtschaftet, als prosperierend beschreibt, ist das Verdienst des Linzer Uniprofessors Bruno Buchberger (Interview unten). Vor 20 Jahren zog er mit seinem Institut ins Schloss Hagenberg. Heute gibt es im Softwarepark mit seinen IT-Betrieben 1000 Arbeitsplätze.

"Hätte es die da oben schon gegeben, als ich noch jung war, hätte ich nicht zum Arbeiten wegfahren müssen", sinniert eine "waschechte" Hagenbergerin, die an der Haltestelle auf ihren Bus wartet. Doch mit dem Softwarepark oberhalb des Schlosses habe sie nichts zu tun. "Ich lebe unten im Ort, da bekommt man nichts mit."

Dass der Park der 2500-Einwohner-Gemeinde jährlich mehr als 700.000 Euro an Kommunalsteuer bringt, weiß sie nicht. "Voriges Jahr hatten wir sogar einen Zuwachs von 50.000 Euro", freut sich die Bürgermeisterin. Dennoch ist Hagenberg eine Abgangsgemeinde, "weil wir uns eine Einmaligkeit leisten: ein eigenes Gymnasium, das wir finanzieren und das pro Jahr 280.000 Euro kostet." Als Umwegrentabilität mache es sich aber bezahlt. So investiere das Land in den Bildungsstandort Hagenberg. 2016 kommt die neue Landwirtschaftsschule. Aus der Gemeindeabteilung des Landes ist zu hören, dass Hagenberg "durchaus als gesunde Gemeinde" zu sehen sei.

Nicht so die Abgangsgemeinde Pregarten mit ihren 4900 Einwohnern. Natürlich sei aus der finanziellen Not heraus die Idee der Gemeindefusion entstanden, sagt Bürgermeister Scheuwimmer. Nicht nur für das neu geschaffene Freibad zahle die Stadt 80.000 Euro im Jahr drauf.

Das Land "zwingt uns genauso zu Mehrausgaben". Die Sozialhilfeverbandsumlage stieg von 22,8 auf 28 Prozent. Um die Finanzsituation - nicht nur seiner Gemeinde - zu verbessern, sieht er nur einen Weg: die Wertschöpfung in der Region zu steigern. Als Ziel hat er sich gesetzt, in 15 Jahren den Pendleranteil um 20 Prozent zu verringern - "durch Arbeit am Ort". Im Durchschnitt bringen einer oberösterreichischen Gemeinde ein Arbeitsplatz und ein Neubürger je 700 Euro pro Jahr.

Neben Hagenberg ist auch Pregarten eine der wenigen Zuzugsgemeinden im Bezirk Freistadt. Ein Pluspunkt, den jede Gemeinde für sich jedoch nicht entsprechend ausnutze. Schuld daran sei laut Bürgermeister Scheuwimmer das "Kirchturmdenken". So werde nur in den eigenen, beengten Gemeindegrenzen geplant. Würden Hagenberg, Pregarten und Wartberg zusammengehen, entstünde ein Fläche von mehr als 60 Quadratkilometern. Ein Speckgürtel im Mühlviertel, nördlich von Linz, so stellt er sich die Zukunft der Region vor.

Landestrend "Kooperation"

Die geografische Nähe zu den Nachbarorten will auch Kathrin Kühtreiber nutzen. Statt zu fusionieren, möchte sie aber kooperieren - und liegt damit im Landestrend. Das Land hat dafür ein finanzielles Anreizsystem geschaffen. Künftig sollen Gemeinden, die "echte" Verwaltungsgemeinschaften eingehen - sprich nur ein Amtsgebäude mit gemeinsamem Personal -, belohnt werden, indem ihnen ein Teil der Landesumlage für einige Jahre erlassen wird.

"Wenn damit Beamte eingespart werden, warum nicht", meint eine junge Pregartnerin. Ihr sei es egal, "ob Gemeinden zusammengehen oder bloß zusammenarbeiten". Nur: Das Amtsgebäude sollte schon in Pregarten bleiben - am Stadtplatz, und nicht in Hagenberg, wo es wirklich schwer zu finden sei. (Kerstin Scheller/DER STANDARD-Printausgabe, 2. Jänner 2012)