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Der Forint im Tiefflug - im Bild: Eine Kurstafel in Budapest am Mittwoch.

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Grafik: DER STANDARD

Wien/Budapest - Mit einem Mal geht es Schlag auf Schlag: Da es immer unsicherer wird, ob sich Ungarn mit der EU und mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) auf einen neuen Hilfskredit einigen kann, entziehen Investoren dem Land zusehends das Vertrauen. Bisher war die Entwicklung schleichend, am Mittwoch erreichte der Verkaufsdruck auf die ungarische Landeswährung einen neuen Höhepunkt.

Ein Euro kostete zwischenzeitlich mehr als 320 Forint. Der bisherige Tiefpunkt von 317 Forint je Euro wurde damit deutlich überschritten. Die Credit Default Swaps (CDS), mit denen sich Investoren gegen eine Staatspleite versichern können, erreichten für Ungarn ebenfalls ein Allzeithoch. Die Zinsen für zehnjährige Staatsanleihen tendierten zudem in Richtung elf Prozent.

Eine längerfristige Refinanzierung der Schulden auf diesem Niveau würde Ungarn überfordern. Dennoch droht dem Land nicht unmittelbar die Pleite: Die Regierung dürfte noch bis April/Mai über genügend Geld verfügen, um auslaufende Staatsanleihen zu bedienen. Nicht zuletzt wegen der umstrittenen Verstaatlichung der Pensionskassen, verfügt der Staat über diese hohen Reserven.

Schluss im Juni

Trotzdem ist spätestens im Juni Schluss. Die EU und der IWF brachen eine Woche vor Weihnachten die Verhandlungen über einen neuen Hilfskredit ab, der dem Land ein Sicherheitspolster geben sollte. Wie Verhandlungsteilnehmer dem Standard erzählten, divergierten bei den Gesprächen die Meinungen zwischen Budapest und dem IWF vor allem darüber, welchen Kredit Ungarn erhalten soll: Die Regierung wollte einen Kredit auf Abruf. So ein Darlehen, das etwa Polen hat, ist nicht mit Auflagen verbunden. Doch IWF ist nur bereit, Ungarn ein klassisches Stand-by-Arrangement zu geben, das mit Reformverpflichtungen verbunden ist.

Die EU stößt sich zudem an vielen Reformen der Regierung wie etwa der Änderung des Notenbankgesetzes. Die EU-Kommission und der IWF lehnen offizielle Verhandlungen mit Budapest daher derzeit ab. Der zuständige Minister für die Gespräche, Tamás Fellegi, wird kommende Woche beim IWF in Washington erwartet.

Der Druck auf die ungarische Regierung nachzugeben ist seit Mittwoch dramatisch größer. Vor allem der Forint-Verfall ist für das Land schmerzlich. Ungarns Staatsschulden belaufen sich auf rund 21 Billionen Forint (nach heutigem Kurs: 66 Milliarden Euro). Rund die Hälfte der Schulden sind in Devisen. "Die Faustregel lautet, dass die ungarischen Staatsschulden um 0,4 Prozent ansteigen, wenn der Forint einen Prozent an Wert verliert", meint der Budapester Analyst Gergely Suppan von der Takarékbank im Standard-Gespräch. Allein am Mittwoch verlor der Forint mehr als ein Prozent gegenüber dem Euro.

Unterdessen hat die deutsche Regierung laut Nachrichtenagentur Reuters Ungarn zur Einhaltung demokratischer Rechte gemahnt. Ob die EU-Kommission wegen der neuen Verfassung und wegen des Notenbankgesetzes ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Budapest einleitet, könnte sie bereits am Freitag entscheiden. (András Szigetvari, DER STANDARD, Printausgabe, 5.1.2012)