Wien - China ist in den vergangenen drei Jahrzehnten rasant gewachsen und könnte bis 2025 gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) zum zweitgrößten Wirtschaftsraum der Erde aufsteigen - nicht zuletzt, weil das Land wegen seiner niedrigen Lohnkosten und schlechten Arbeitsbedingungen lange als verlängerte Werkbank der Welt fungierte. Das chinesische Wachstum könnte sich aber bald abbremsen. Das Beratungsunternehmen Roland Berger sieht laut einer neuen Studie gar das "Ende des chinesischen Niedriglohn-Fertigungszyklus" herannahen. In einigen Industriebereichen, etwa der Textilbranche, sei der Anteil Chinas am Weltmarkt schon jetzt rückläufig.

"Die Ein-Kind-Politik des Landes, die schnell alternde Gesellschaft und die sinkende Zahl der Erwerbstätigen können zu starken Engpässen in verschiedenen Industriesektoren und zu steigenden Herstellungskosten führen", konstatierte der Consulter am Mittwoch. China steuere auf ein riesiges demografisches Problem zu. Während die Anzahl der Pensionisten stetig steige, werde die Erwerbsbevölkerung bis 2030 um zehn Prozent schrumpfen - das wären 100 Millionen Menschen weniger. Hinzu komme, dass immer weniger Menschen vom Landesinneren in die Städte abwanderten. Der daraus resultierende Arbeitskräftemangel wiederum lasse die Gehälter steigen.

Weiteres Ungemach

Ungemach drohe aber auch von Inflations- und Wechselkursseite. Hinzu kämen höhere Export- und Transportkosten; letztere rührten von den hohen Ölpreisen.

Der chinesische Fertigungssektor befinde sich daher bereits mitten im Umbruch, einige Schlüsselindustrien hätten den Wendepunkt schon überschritten. "Viele Unternehmen suchen daher schon in Nachbarländern wie Vietnam nach einer jüngeren und zuverlässigeren Belegschaft, günstigeren Handelsbeziehungen sowie niedrigeren Produktionskosten", so Berater Thomas Wendt. Nur für Branchen wie die Halbleiter-, die Platinen- und die Automobilindustrie bestünden immer noch Expansionschancen innerhalb Chinas.

Ausländischen Konzernen, die im Reich der Mitte produzieren lassen, rät Roland Berger, "ihre Fertigungsstrategie in China zu überdenken". Wobei das Land weiterhin Kosteneinsparmöglichkeiten biete - etwa steuerliche Anreize und Preisnachlässe beim Grundstückskauf. (APA)