Bild nicht mehr verfügbar.

Anleger treiben die heimischen Immo-Preise in lichte Höhen. Die Angst vor einer Blase nimmt zu.

Fotos: AP, EPA; Montage: derStandard.at/Putschögl

Otto Bammer: "Wenn ich heute als Grünlandbesitzer die Möglichkeit hätte, Gewinne zu optimieren, dann würde ich das tun."

Foto: FH Wien

Die Immobilienpreise in Österreich werden heuer aller Voraussicht nach neuerlich deutlich zulegen. Die Sorgen, dass es auch hierzulande zu einer ausgewachsenen Preisblase kommen könnte, der irgendwann wieder die Luft ausgeht, werden mehr. Doch wie berechtigt sind sie?
Otto Bammer, Institutsvorstand für Immobilienwirtschaft an der FH Wien, antwortet auf Fragen von Martin Putschögl.

derStandard.at: Herr Bammer, erleben wir gerade das Entstehen einer Immobilienblase in Österreich?

Otto Bammer: Ich glaube nicht. Wissen tut das allerdings kein Mensch – das gleich vorweg.
Die Frage ist: Was verstehen wir unter einer Immobilienblase? Ich verstehe darunter eine Entwicklung, wo es binnen kurzer Zeit in Folge einer Überbewertung von Immobilien zu einem enormen Preisanstieg kommt, der dann aus irgendeinem Grund in relativ kurzer Zeit wieder in sich zusammenfällt. Wo sich also in der grafischen Darstellung eine richtige "Zacke" nach oben ergibt. Bei der Subprime-Krise in den USA hatten wir das.

derStandard.at: Auch bei uns stiegen die Preise aber zuletzt jährlich um mehr als fünf Prozent, jene für zentral gelegene Eigentumswohnungen um zehn Prozent oder sogar noch mehr.

Bammer: Natürlich steigen auch bei uns die Immo-Preise. Aufgrund der nach wie vor bestehenden wirtschaftlichen Unsicherheit ist die Flucht in die Sachwerte weiterhin gegeben – da braucht man sich nur mit seriösen Maklern auszutauschen, die könnten derzeit verkaufen wie die Blöden. Das ist mit einem entsprechenden Preisanstieg verbunden. Aber dass das ebenso kurzfristig wieder hinunterfällt, daran glaube ich nicht.
Als es Anfang der 1990er-Jahre hieß, Wien würde die Expo bekommen, sind die Preise in sehr kurzer Zeit enorm hinaufgegangen, um dann Mitte der 90er-Jahre wieder auf ein halbwegs vernünftiges Maß zurückzugehen. Sie sind aber nicht wieder dorthin zurückgegangen, wo wir sie vor dem "Expo-Wahnsinn" hatten.
Ich glaube also eher daran, dass die Preisanstiege – wenn sich die Wirtschaft beruhigt – wieder ein bisschen abflachen. Ich glaube aber nicht, dass es auf das Niveau zurückgeht, das wir noch vor ein, zwei Jahren hatten. Das ist mein Szenario.

derStandard.at: Auf einer Makler-Pressekonferenz vor wenigen Tagen hieß es, in gewissen Gegenden Wiens komme es bereits zu einem leichten Überangebot an Mietobjekten. Ist der "Run" auf Anlegerwohnungen gut für künftige Mieter?

Bammer: Ich wäre da generell vorsichtig, von einzelnen Beobachtungen aus zu verallgemeinern. Bei den Anleger- oder Vorsorgewohnungen muss man auf mehrere Aspekte aufpassen: Wer Vorsorgewohnungen verkaufen will, stellt natürlich ein möglichst optimistisches Vermietungsszenario dar, damit sich die Sache gut rechnet für den, der sie kauft. Da weiß man, dass das in der Praxis dann nicht immer ganz so der Fall ist. Da gab es wohl auch Anbieter, die das zu optimistisch eingeschätzt haben. Aber: Wer kauft denn heute eine Vorsorgewohnung? Das ist in aller Regel weniger der institutionelle Anleger, sondern der private Anleger. Und da ist wiederum in aller Regel Bares vorhanden – was ein Mitgrund ist, warum ich nicht an die Immo-Blase glaube. Der private Anleger "flüchtet" in die doch deutlich sicherere Sachanlage. Und dem Privatanleger ist die Rendite – aus meiner Wahrnehmung heraus – egal geworden.

derStandard.at: Weil er sein Vermögen in einen "sicheren Hafen" bringen will ...

Bammer: Ja. Wenn er aus der Vermietung die Inflation "auffängt", also eine halbwegs vernünftige Relation zwischen Miete und Einkaufspreis erzielt, freut er sich. Wenn nicht, ist es auch gut, dann hat er wenigstens sein Kapital halbwegs sicher geparkt. Das ist der Zugang des Privaten, den ich so aus zahlreichen Gesprächen gut kenne. Ein institutioneller Investor muss natürlich ein bisschen anders rechnen, denn der muss ja seine Anleger glücklich machen.

derStandard.at: Könnten politische Entscheidungen wie etwa die angedachte Vermögensbesteuerung Ihrer Meinung nach die Preise einknicken lassen?

Bammer: Es ist im Moment ziemlich schwierig, da Prognosen abzugeben, weil derzeit wahnsinnig viel diskutiert wird. Was gestern noch alle aufgeregt hat, ist heute schon wieder tot – Stichwort katholische Kirche und Bauernbund, diese schwachsinnige Idee von gestern.
Wenn ich die Parameter nicht kenne, die da kommen sollen, wird's zu einer Milchmädchenrechnung. Da halte ich mich mit Prognosen zurück.

derStandard.at: Wie ist Ihre persönliche Einstellung zu einer Umwidmungsgewinn-Besteuerung? Der Österreichische Verband der Immobilientreuhänder (ÖVI) geht davon aus, dass es zumindest in einigen Bundesländern dazu kommen wird. Halten Sie das für sinnvoll?

Bammer: Naja, sinnvoll ... Die Frage ist, was will man damit erreichen? Wem nützt das? Wenn das ein Instrument ist, um Geld in die leeren Kassen zu spülen, dann freut sich der, dessen Kassen jetzt voller sind. Und es ärgert sich der, der das "brennt" – ganz simpel gesagt.

derStandard.at: In Umwidmungsgewinnen sehen viele ein völlig leistungsfreies Einkommen ...

Bammer: Da sind wir jetzt im Bereich der moralischen Betrachtungsweise, und die stelle ich nicht an. Wenn ich heute als Grünlandbesitzer die Möglichkeit hätte, Gewinne zu optimieren, dann würde ich das tun. Da wäre ich ja ungeschickt, wenn ich das nicht machen würde, rein unternehmerisch betrachtet.

derStandard.at: Rein unternehmerisch betrachtet ist das klar. Aber von der Seite des Gesetzgebers her betrachtet ...

Bammer: Der Gesetzgeber ist uninteressant! Man darf den Gesetzgeber nicht überfordern. Der schafft nur Spielregeln, die ihm irgendeiner vorgibt. Lassen Sie den Gesetzgeber weg. Der ist immer nur der vorgeschobene Böse oder Gute; eine Marionette derer, deren Interessen da berührt werden.
Man muss die Sache aufdröseln: Wer sind die Betroffenen, wer sind die Gewinner, wer die Verlierer? Der Grünlandbesitzer, bei dem umgewidmet wird und der dann abverkaufen kann, ist sicher ein Gewinner. Jetzt kann man aber sagen: Wäre nicht umgewidmet worden, könnte er nicht bauen, und deshalb in der Folge aus der unternehmerischen Tätigkeit heraus keine Steuern abführen. Aufgrund dessen, dass umgewidmet wird, lässt sich auf dem entsprechenden Grundstück also bauträgerische Tätigkeit entfalten. Wieso soll man da zweimal zahlen?

derStandard.at: Zweifachbesteuerung gibt es doch in vielen Bereichen.

Bammer: Ja, aber das heißt noch nicht, dass das gescheit ist.

derStandard.at: Sie halten die Besteuerung von Umwidmungsgewinnen also nicht für sinnvoll?

Bammer: Sinnvoll ist sie schon, weil dadurch Geld in die leeren Kassen kommt. Ich finde sie nur ungerecht. Das ist für mich eine Doppelbesteuerung. (derStandard.at, 5.1.2012)