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Grundstückskäufer aus dem Ausland könnten hinter dem Stiftungsboom in Kitzbühel stehen.

Foto: Reuters/Ebenbichler
Grafik: STANDARD

Wien - Die Befürchtungen waren groß. "Die Stiftungen haben wir umgebracht", analysierte Finanzministerin Maria Fekter (VP) vor einigen Monaten. Sie bereue es "sehr", dass man mit Anfang 2011 eine Verschärfung der Stiftungsbesteuerung in Kraft gesetzt habe. Der Verband der Österreichischen Privatstiftungen (VÖP) berichtete schon im Vorfeld der Reform, die Zahl der Neugründungen sei stark zurückgegangen.

In der Realität zeigt sich nun ein ganz anderes Bild. Die Zahl der Stiftungen hat 2011 deutlich zugelegt, gab das Finanzministerium im Rahmen einer parlamentarischen Anfrage der FPÖ bekannt. Mit Stand 18. November gab es 3208 Stiftungen - 121 mehr als 2010. In keinem einzigen Bundesland gab es einen rückläufigen Trend, die meisten Neugründungen gab es in Tirol und Wien.

Mit den neuen Daten konfrontiert, räumt VÖP-Generalsekretär Christoph Kraus ein, dass die verschärften Gesetze "keine wesentliche Verschlechterung für die meisten Stiftungen brachten". Zur Erinnerung: Die Steuer auf Zinsgewinne innerhalb einer Stiftung wurde von 12,5 auf 25 Prozent erhöht. Weiters werden Liegenschaftsgewinne, wenn der Stifter eine juristische Person ist, seit 2011 besteuert. Die Regierung versprach sich aus den Änderungen 100 Millionen Euro.

Steuerfrei verkaufen

Dass die Aufregung über die Verschärfungen komplett unbegründet war, will Kraus so nicht stehen lassen. Wenn man attraktiver für ausländische Stifter wäre, würden wohl größere Vermögen aus Deutschland nach Österreich transferiert, meint er. Die hohe Zahl an neuen Stiftungen führt Kraus auf mehrere Ursachen zurück. Zum einen würden bei bestehenden Stiftungen öfter Substiftungen gegründet. In Tirol glaubt er, dass Umgehungskonstruktionen eine große Rolle spielen. Eigentlich dürfen Nicht-Kitzbüheler dort keine Grundstücke kaufen. Daher würden wohl Kitzbüheler Strohmänner über Stiftungen Grundstücke für Ausländer - etwa Deutsche - erwerben, sagt Kraus zum STANDARD.

Der Steuerexperte Werner Doralt sieht Kritiker widerlegt, die vor einem Vertreiben von Stiftungen warnten. "Die Fachleute, die diese Befürchtungen regelmäßig bei jeder Änderung der Stiftungsbesteuerung geäußert haben, haben sich eher als Lobbyisten erwiesen." Auch wenn es unter den Neugründungen Substiftungen gebe, die keine echten Neugründungen seien, zeige die Entwicklung, "dass die zum Teil beträchtlichen Steuerbegünstigungen nicht notwendig gewesen wären". Doralt berichtete von einem Fall einer Stiftungsneugründung, bei der eine Firmenbeteiligung mit einem Gewinn von 600 Millionen Euro steuerfrei veräußert werden konnte. „Ohne Stiftung wären 150 Millionen Euro Steuern angefallen. Diese Begünstigung gibt es nach wie vor", so Doralt.

Für Kraus besteht die Regelung, wonach Verkaufserlöse in der Stiftung steuerfrei sind, "aus gutem Grund". Betriebe, die von Stiftungen gehalten werden, hätten eine doppelt so hohe Eigenkapitalrate, seien produktiver und zahlten dadurch höhere Gehälter. Wenn man neuerlich an der Steuerschraube drehe, gehe das zulasten der Unternehmen, was in der Folge Arbeitsplätze koste und Standortnachteile bringe.

Doralt meint, dass sich im Falle einer Wiedereinführung der Erbschaftssteuer zwangsläufig die Frage einer "Erbersatzsteuer" bei den Stiftungen stelle, damit nicht Multimillionäre im Vergleich zu "kleinen" Millionären bessergestellt seien. Deren Umsetzung sei aber äußerst komplex. "Daher vermute ich, dass es zu einer Erbschaftssteuer nicht kommen wird; die Widersprüche sind nicht lösbar. Oberflächlich betrachtet ist alles einfach, sieht man sich die Sache konkret an, wird es aber schwierig." (Günther Oswald, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 9.1.2012)