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Jean-Claude Mas, Gründer von PIP, wollte mit dem Einsatz von Industriesilikon Geld sparen.

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Die minderwertigen Silikonimplantate der französischen Firma PIP werden tausenden Frauen auf der ganzen Welt entfernt. Dutzende sollen bereits wegen der billigen Inhaltsstoffe an Krebs erkrankt sein.

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"Ich habe bewusst ein nicht zugelassenes Gel verwendet", bekannte der Gründer der Brustimplantatfirma PIP im November unumwunden gegenüber der Polizei, als die ihn erstmals einvernahm. "Ich kannte das Produkt, es fiel zu meiner vollsten Zufriedenheit aus." Er habe die Formel eines Arztes an der Côte d'Azur "durch die Änderung der Temperatur und der Bestandteile verbessert, um das Produkt bindender zu machen". Auf die Gegenfrage, ob es angesichts tausender Klagen gesundheitsgefährdend sei, antwortete der südfranzösische Silikonmischer: "Nicht nach meiner Kenntnis." Nach eigenen Angaben verwendete er nur ein Viertel des zugelassenen Nusil-Gels, der hausgemachte Rest basierte auf Industriesilikon und kostete fünfmal weniger.

Gegen Jean-Claude Mas, der sich an der Côte d'Azur aufhalten soll, wird derzeit wegen Betrugs und fahrlässiger Tötung ermittelt. Angeklagt ist er noch nicht, doch in der Einvernahme von vergangenem Herbst verteidigte er sich höchst ungeschickt, wie das nun bekannt gewordene Gesprächsprotokoll zeigt. Als ihn ein Ermittler fragt, wie er sein Verhalten den vielen Frauen mit körperlichen und psychischen Schäden erkläre, meint er: "Ich habe ihnen nichts zu sagen." Gefragt, was er zu den tausenden Beschwerden und Klagen zu sagen habe, erwidert Mas: "Ich fühle mich seit dreißig Jahren wohl." Noch kaltschnäuziger fügt er an: "Die Opfer reichen nur Klage ein, um Kohle zu machen."

Bewusste Täuschung

Der 72-jährige Selfmademan war sich seiner Sache so sicher, dass er die Kontrolleure des deutschen TÜV Rheinland bewusst hinterging. "Der TÜV kündigte seinen Besuch zehn Tage vorher an. Das war Routine. Ich gab Anweisung, alle Dokumente zum nicht zugelassenen PIP-Gel zu verstecken. Was die Behälter anbelangt, achtete das Personal darauf, dass sie verschwanden. Das haben wir dreizehn Jahre lang ohne Probleme gemacht."

Mas ließ nun durch seinen Anwalt erklären, dass er angesichts der "beeindruckenden Zahl von Unwahrheiten" auf jede öffentliche Stellungnahme verzichte.

Ein Verein von Implantatträgerinnen gab am Freitag nach einem Behördentreffen bekannt, in Frankreich seien bisher 1638 PIP-Prothesen entfernt worden. 1143, also mehr als zwei Drittel, seien geplatzt gewesen; 495 Fälle hätten zu Entzündungen geführt. Zwanzig Frauen leiden unter Brustkrebs, und zwei sind daran gestorben; ein Kausalzusammenhang ist aber bisher nicht erwiesen. 90 Prozent der 300.000 PIP-Brustkissen waren ins Ausland exportiert worden, vor allem nach Südamerika, Spanien und Großbritannien.

Behörde informiert

Außer dem TÜV, der in Marseille angeklagt ist, steht auch die französische Gesundheitskontrolle Afssaps schlecht da. Am Freitag wurde bekannt, dass der Marseiller Schönheitschirurg Christian Marinetti die Behörde ab 2007 mehrfach alarmiert hatte - zuerst per E-Mail, dann telefonisch, schließlich mit eingeschriebenen Briefen. Antwort erhielt er nie. (Stefan Brändle aus Paris, DER STANDARD; Printausgabe, 7./8.1.2012)