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Lasershow bei der langen Nacht der Kirchen

Foto: apa/hochmuth

Wien - Die Zahl der Kirchenaustritte in Österreich ist wieder zurückgegangen. 58.603 Personen haben 2011 die römisch-katholische Kirche verlassen, berichtete Kathpress am Dienstag. Das bedeutet einen Rückgang um knapp 32 Prozent gegenüber dem Jahr zuvor, als 85.960 Personen der Kirche den Rücken gekehrt hatten. Damals sorgte vor allem das Bekanntwerden von Missbrauchsfällen im kirchlichen Bereich für einen historischen Höchststand an Austritten seit 1945.

Trotz des nach wie vor hohen Niveaus an Austritten ist die Zahl der Katholiken in Österreich im Jahr 2011 im Großen und Ganzen stabil geblieben. Insgesamt gab es mit Stichtag 31. Dezember 2011 5,41 Mio. Kirchenmitglieder, 2010 waren es noch 5,45 Mio., was laut Kathpress einen Rückgang von rund 0,86 Prozent bedeutet. Neu oder wieder in die Kirche aufgenommen wurden im vergangenen Jahr 4343 Personen (2010: 4608).

Bei den Angaben handelt es sich um vorläufige Zahlen. Laut Kirchenangaben werden die Zahlen der Neu- und Wiedereintritte erfahrungsgemäß noch leicht steigen. 

Salzburg: Geringste Veränderung zum Positiven

Die Erzdiözese Salzburg hat bei den Kirchenaustritten die geringste Veränderung zum Positiven zu verbuchen. Hier sank die Zahl der Austritte im vergangenen Jahr um lediglich 14 Prozent, geht aus den am Dienstag durch Kathpress veröffentlichten Zahlen hervor. Mit 36 Prozent den größten Rückgang gab es in der Diözese St. Pölten. In absoluten Zahlen die meisten Austritte hatte naturgemäß die große Erzdiözese Wien zu verbuchen. 

"Kirche konnte wieder Vertrauen aufbauen"

"Der deutliche Rückgang bei den Kirchenaustritten ist ein Zeichen dafür, dass die Kirche wieder Vertrauen aufbauen konnte", sagte der Medienreferent der Bischofskonferenz, Paul Wuthe, mit Blick auf die aktuellen Katholikenzahlen. Ein Grund dafür sei "in den klaren Worten und konkreten Maßnahmen der Bischofskonferenz gegen Gewalt und Missbrauch im kirchlichen Bereich" zu sehen. Sie hätten "die Glaubwürdigkeit der Kirche gestärkt, wenn auch die Enttäuschung bei vielen Kirchenmitgliedern nach wie vor spürbar bleibt".

Zahl der Priester sinkt

In Österreich gibt es immer weniger Priester. Dieser Trend wurde durch die am Dienstag präsentierte Kirchenstatistik bestätigt. Zwar fehlen noch Zahlen für das vergangene Jahr, von 2009 auf 2010 gab es allerdings ein Minus von 78 Priestern. Stetig im Wachsen sei hingegen die Zahl der ständigen Diakone sowie der Ordensbrüder.

Die Zahl der in Österreich wirkenden Priester ist laut Kirchenstatistik von 4.144 im Jahr 2009 auf 4.066 im Jahr 2010 zurückgegangen. Bei den Ordenspriestern heißt das ein Minus von 66, die Zahl der Diözesanpriester sank um nur 12 Personen. Bei den ständigen Diakonen gab es 2010 hingegen mit 625 um 18 mehr als im Jahr zuvor, ebenso viele bei den 516 Ordensbrüdern. Die Zahl der Ordensschwestern ist allerdings um 167 gesunken und kam bei 4.381 liegen.

Ehen und Taufen

Weitere in der Kirchenstatistik enthaltene Daten: 2010 wurden 48.781 Taufen sowie 58.162 Firmungen gezählt, die Erstkommunion wurde 54.175 Mal gespendet. 12.643 Mal wurden Menschen getraut, 52.887 Mal eingesegnet.

Kritiker sehen hohe Erwartungen bei Gebliebenen 

Kirchenkritiker sehen angesichts der zurückgegangenen Austrittszahlen bei den Katholiken nun den Klerus am Zug. So glaubt der Obmann der Pfarrerinitiative, Helmut Schüller, dass viele Gebliebene nun warten würden, bis sich etwas tut. Hans Peter Hurka, Vorsitzender von "Wir sind Kirche", sieht überhaupt keinen Grund zum Jubeln. Die Austrittszahlen seien noch immer die zweithöchsten nach 1945.

"Ganz offensichtlich haben wir mit unserem Aufruf keine Welle verursacht", so Schüller in Richtung jener, die seinen "ungehorsamen" Pfarrern kirchenschädigendes Verhalten vorgeworfen hatten. Für ihn ist es sogar möglich, dass die Pfarrerinitiative durch ihre Reformbestrebungen die Leute weniger aus der Kirche vertreibe, sondern sogar noch binde: "Vielleicht sagen viele: 'Ich bleibe noch'."

Der Rückgang von rund einem Drittel bei den Austritten sei auf den abklingenden Schock über die Missbrauchsfälle zurückzuführen, glaubt Hurka - "weil die Kirchenleitung ein gutes Krisenmanagement für die Opfer geführt hat". Strukturell habe sich in der Kirche allerdings "wenig bis gar nichts getan". Die noch immer vielen Austritte seien die Antwort der Menschen für eine "unbarmherzige Kirchenleitung", die Änderungen nicht zulasse. An eine Flucht vor dem Kirchenbeitrag glaubt Hurka hingegen nicht. (APA/red, derStandard.at, 10.1.2012)