Brüssel - EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn hat Ungarn wegen der ungenügenden Korrektur seines Budgetdefizits damit gedroht, Kohäsionsgelder zu streichen. "Ungarn ist kein Mitglied der Eurozone, insofern wird es keine Strafzahlungen im Rahmen des Six-Packs (verschärfte Regeln zur Budgetüberwachung in der EU, Anm.) bekommen". Aber "es könnten Zahlungsverpflichtungen im Rahmen des Kohäsionsfonds ausgesetzt werden". Rehn erklärte am Mittwoch in Brüssel, sollte Ungarn keine Korrekturen beim Budgetdefizit vornehmen, "werde ich die weiteren Schritte gegebenenfalls mit (EU-Regionalkommissar Johannes, Anm.) Hahn koordinieren".

Auf die Frage, ob es nicht peinlich sei, wenn der "Six-Pack" zur Verschärfung des Euro-Stabilitätspaktes erstmals bei einem Nicht-Euroland angewendet wird, sagte Rehn: "Wir möchten die Einheit der EU untermauern. Damit wird gewährleistet, dass alle EU-Staaten gleich behandelt werden". Es gebe mit dem Six-Pack eine neue wirtschaftliche Steuerungsmöglichkeit, die alle Länder der Eurozone umfasse und ein "Äquivalent, einen Mechanismus für die Nicht-Eurozonenländer. Und daher ist es auch recht und billig, diese Instrumente einsetzen. Peinlich ist mir das überhaupt nicht."

Jedenfalls gehe die Budgetsituation Ungarns nicht auf die Arbeit der jetzigen Regierung Orban zurück. "Das ist ein Ergebnis von verschiedenen Regierungen verschiedener politischer Couleur der letzten Jahre."

Auf die Frage nach Verhandlungen seitens der EU mit Ungarn über neue Finanzhilfen sagte Rehn, der ungarische Minister Tamas Fellegi als Chefverhandler mit dem Internationalen Währungsfonds werde zunächst mit IWF-Chefin Christine Lagarde und "nächste Woche in Brüssel" mit der Kommission zusammentreffen. "Es geht um informelle vorläufige Gespräche, in denen wir sondieren, auf welcher Grundlage wir die Verhandlungen für neue finanzielle Hilfen seitens der EU und des IWF gegenüber Ungarn starten können."

EU überlegt sich weiter Klage

Die EU-Kommission droht zudem nach wie vor mit mehreren Verfahren wegen Verstoßes gegen den EU-Vertrag. Pia Ahrenkilde-Hansen, die Sprecherin von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso, kündigte eine Entscheidung der Kommission über Verstoßverfahren gegen Ungarn für den 17. Jänner an.

Im Kern gehe es um die Unabhängigkeit der ungarischen Notenbank, um die Justiz, und dabei vor allem um die vorzeitige Pensionierung von Richtern und Staatsanwälten sowie um die Unabhängigkeit der nationalen Datenschutzbehörde, sagte die Sprecherin. Die entsprechenden Gesetzestexte habe die Kommission von Ungarn erst vor zehn Tagen erhalten.

"Der Ball ist jetzt im ungarischen Feld", betonte die Sprecherin. Budapest müsse die Gründe für Bedenken der EU-Kommission ausräumen. Die EU-Kommission möchte sicherstellen, dass sich Bürger und Investoren auf Rechtstaatlichkeit, Grundrechte und Demokratie stützen könnten. Dies sei gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise von entscheidender Bedeutung. "Die schnellste Art und Weise, Bedenken auszuräumen, würde so aussehen, dass die ungarischen Stellen selbst tätig werden." (APA)