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Unpolitisch, egoistisch, zur Ausländerfeindlichkeit neigend, ängstlich - basierend auf der aktuellen Studie "Jugend und Zeitgeist" malte man gerne dieses Bild vom jungen Österreich. Das Institut für Jugendkulturforschung befragte letzten November 400 16- bis 19-jährige Wiener. Der "Zeitgeist" der Jugend wird in dieser Studie an Themen wie "soziale Gerechtigkeit", "Lifestyle", oder "Xenophobie" festgemacht. Der wohl spezifischste Aspekt der Erhebung: "Bekanntheit und Bewertung der Occupy-Bewegung". Der antikapitalistische Protest, der 2011 mit der Besetzung der New Yorker Wall Street begann, wurde zum Vorbild für politische Bewegungen rund um den Globus. Der Slogan gegen soziale Ungerechtigkeit: "Wir sind die 99 Prozent".

Das sei "tagesaktuelles Topthema" gewesen, erklärt die Leiterin der Studie, Beate Großegger. Dementsprechend "ernüchternd" ist das Ergebnis: Nur 41 Prozent der Wiener Jugendlichen gaben an, sie hätten von Occupy gehört. "Die Thematisierungsoffensive der Bewegung ist an vielen Jugendlichen unbemerkt vorbeigezogen", liest Großegger aus den Zahlen, und das "trotz der allgemeinen Verunsicherung durch die Finanzmarkt-, Euro- und Schuldenkrise, die wir in unseren Studien beobachten können." Immerhin sagen mehr als 60 Prozent, die die Bewegung kennen, sie sei "wichtig", fast 31 Prozent sagen: "ist mir egal". "Wirklich gut" findet Amelie die Demonstrationen an der Wall Street, "das setzt ein Zeichen". Der 16-Jährigen ist der Begriff Occupy öfters begegnet, vor allem in "alternativen Medien". Die anderen versuchten solche Proteste unter den Teppich zu kehren, "damit die Leute nicht auf dumme Ideen kommen", kritisiert sie.

Auch Leonie ist unzufrieden mit den Medien. Proteste dieser Art würden wenig und eher mit negativem Beigeschmack thematisiert. Von Occupy habe sie nichts gehört. Auch Erich weiß von den New Yorker Protesten, kann aber mit dem Begriff nichts anfangen. "Zu verschlafen" und "nicht annähernd wütend genug", um sich für eine "Revolution" des Finanzwesens einzusetzen, beurteilt der 18-jährige Salzburger sein "konservatives Städtchen". Die 16-jährige Sophie weiß um Occupy Bescheid, nicht jedoch aus den Nachrichten, sondern durch ihre Lieblingsband: Tom Morello von Rage Against the Machine gab im Rahmen der Proteste ein unangemeldetes Konzert, das ob seiner ohrenbetäubenden Lautstärke manchen Banker von der Arbeit abhielt.

Im Allgemeinen zeigt die Studie: 37 Prozent der Jugendlichen finden es mit ihrem "Lifestyle kompatibel", in einer politischen Protestbewegung mitzumachen. Immerhin 24,5 Prozent sehen sich in einer Partei gut aufgehoben. "Rund vier von zehn Jugendlichen" sagen, weder das eine noch das andere passe zu ihnen, das sei ein Anzeichen für "Politikdistanz", kommentiert Großegger. (jhöft, klien, grill, DER STANDARD, Printausgabe, 11.1.2012)