Der zweite Energiegipfel zum Thema Atomstrom brachte - keine Einigung.

Foto: Greenpeace/Moritz Wustinger

Wien - Der zweite Energiegipfel zum Thema Atomstrom hat keine Einigung gebracht. Zwar wollen alle Teilnehmer - sowohl die Regierung als auch E-Wirtschaft und Umweltschützer - Österreich frei von Nuklearenergie machen, der Weg dorthin bleibt aber weiterhin unklar. Den Import von Atomstrom gesetzlich zu verbieten, wie dies die NGO fordern, ist nämlich nicht möglich, ergab eine Stellungnahme der EU-Kommission, die Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) bereits im Sommer angefordert hatte.

Die "Folgenabschätzung" aus Brüssel liege erst seit Freitag vor, sagte Mitterlehner am Montag im Anschluss an das Treffen. Der Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt, den das Wirtschaftsressort ebenfalls um Stellungnahme ersucht hatte, habe sich der Problematik hingegen nicht angenommen, so der Minister. Die Zertifizierung von sogenanntem Graustrom, also Strom unbekannter Herkunft, den Energieversorger und -händler an Börsen zukaufen, liefe laut Mitterlehner "auf indirektem Weg" auf ein Importverbot von Atomstrom hinaus. Mitterlehner will daher auf den Ausbau erneuerbarer Energien sowie die Steigerung der Energieeffizienz setzen, wie er bekräftigte. Dadurch werde Österreich schon bis 2014 bilanziell unabhängig von Atomstrom. Außerdem seien Österreichs Konsumenten sehr atombewusst, sagte Mitterlehner und verwies auf die Stromkennzeichnungsverordnung.

Atomstrom ist legales Produkt

Die EU-Kommission kommt in ihrer aktuellen Expertise zum Schluss, dass ein Verbot der Abgabe von Graustrom an Endverbraucher in Österreich grundsätzlich gegen Unionsrecht verstoßen würde, so das Wirtschaftsministerium in einer Aussendung. Auch eine "von den NGO behauptete Rechtfertigung des Verbots nach Art. 36 AEUV (Einschränkung der Warenverkehrsfreiheit z.B. aus Gesundheits- oder Umweltschutzgründen) sei nicht möglich, weil es sich bei Strom jedweder Herkunft um ein legales Produkt handle, das frei im Binnenmarkt vertrieben werden dürfe". Eine Pflicht zur Umetikettierung sei ebenfalls eine Handelsbeschränkung und dem Verbot der Lieferung von Graustrom gleichzusetzen. "Das angedachte Verbot der Abgabe von Atom- sowie von 'Graustrom' an Endverbraucher würde somit Unionsrecht verletzen", heiße es daher wörtlich in dem Schreiben der Generaldirektion für Energie, die dabei auch die Judikatur des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) einbeziehe.

In den nächsten Wochen soll nun die Stellungnahme der EU-Kommission analysiert werden, sagte Umweltminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP). Für ihn wäre es auch denkbar, sollte sich die gesetzliche Verankerung eines Atomstromimportverbots tatsächlich als unionsrechtswidrig erweisen, dass sich die Energieversorger freiwillig dazu verpflichten, auf Atomstrom zu verzichten. "Dieser Vorschlag ist in Diskussion", meinte er nach dem Treffen.

"Einigermaßen frustriert" respektive "schwer enttäuscht" sind hingegen die Umweltschützer von Global 2000 und Greenpeace. Sie verwiesen nach dem Treffen erneut auf ihre von ihnen in Auftrag gegebenen Rechtsgutachten, laut denen die gesetzliche Verankerung eines Importverbots von Atomstrom ohne weiteres möglich wäre. Klaus Kastenhofer von Global 2000 stößt sich vor allem daran, dass Mitterlehner das Gutachten der EU-Kommission "in letzter Minute aus dem Hut gezaubert" und heute "zu allem Njet gesagt" habe.

In etwa einem Monat sollen die Umwelt-NGOs und Mitterlehner noch einmal zusammenkommen, im März dann ein dritter Energiegipfel stattfinden. (APA)