Wien - Die Grünen wollen den ORF von parteipolitischer Einflussnahme befreien. Im Nationalrat bringen sie dazu am Mittwoch einen Dringlichen Antrag ein, durch den der Stiftungsrat in ein sich selbst erneuerndes Gremium nach ÖIAG-Vorbild umgewandelt werden soll. Zusätzlich wollen sie die Mitsprache der Landeshauptleute bei der Kür der Landesdirektoren streichen, so Mediensprecher Dieter Brosz.

"Die politische Einflussnahme ist ein Gründungsfehler dieses Unternehmens", sagte Brosz am Dienstag bei der Grünen Klubklausur in Mauerbach. Als Spitze des Eisbergs verwies er auf die Causa Niko Pelinka. Das Ende des politischen Zugriffs wollen die Grünen durch eine Novelle des ORF-Gesetzes erreichen. Der Stiftungsrat soll demnach künftig aus 15 Mitgliedern bestehen, von denen zehn von einem Gründungskonvent gewählt und fünf vom Betriebsrat bestellt werden. Letztere bekommen bei der Wahl des Generaldirektors und anderer Personalentscheidungen kein Stimmrecht.

Gründungskonvent

Der Gründungskonvent soll mit 50 bis 100 Personen aus diversen Institutionen und Interessenverbänden beschickt werden, unter Ausschluss von politischen Parteien und ihren Vorfeldorganisationen. Die von ihm gewählten Stiftungsräte werden für zwei bis acht Jahre bestellt, alle zwei Jahre scheiden zwei bis drei von ihnen wieder aus. Die Nachfolger werden vom Stiftungsrat selbst ausgewählt, diese bleiben dann grundsätzlich für acht Jahre. Eine Wiederwahl-Möglichkeit soll es nicht geben. Die politische Einflussnahme der Landeshauptleute wollen die Grünen verhindern, indem ihr Mitspracherecht bei Bestellung und Abberufung der Landesdirektoren aus dem ORF-Gesetz gestrichen werden soll.

ÖVP für Reform, aber gegen Schnellschuss

Auch die ÖVP spricht sich für eine Gremienreform aus. Die von den Grünen vorgeschlagene Selbsterneuerung des Aufsichtsrates allein sei jedoch kein Allheilmittel, so ÖVP-Klubobmann Kopf, der für einen kleineren Aufsichtsrat plädiert, wo alle strategischen Entscheidungen getroffen werden. Das Gremium solle auch die Geschäftsführung kontrollieren.

Die FPÖ zeigte sich dem grünen Vorschlag zur Änderung des ORF-Gesetzes zumindest teilweise nicht abgeneigt. Das BZÖ sprach sich wie die Grünen ebenfalls gegen politische Einflussnahme im ORF aus, kündigte allerdings einen eigenen Entschließungsantrag an. Der orange Klubchef forderte am Dienstag die "Entstaatlichung" des ORF.

ORF-Zentralbetriebsrat übt Kritik

Auf wenig Gegenliebe stoßen die Stiftungsratspläne der Grünen bei ORF-Zentralbetriebsrat Gerhard Moser. Er begrüßt zwar den Vorschlag, den Stiftungsrat zu verkleinern, kritisiert aber die Ideen als "unausgegoren und nicht ernst zu nehmen".

So würden etwa die in Österreich geltenden Gesetze (Arbeitsverfassung und Aktiengesetz) gegen eine Beschneidung der im Stiftungsrat vertretenen Betriebsräte bei Personalentscheidungen sprechen. "Und so nett die Idee eines 'Stiftungsratsgründungskonvents' unter Ausschluss politischer Parteien auch klingen mag, das ist angesichts der Zusammensetzung der meisten österreichischen 'Institutionen und Interessenverbände' ein nicht nur naiver sondern nahezu zynischer Vorschlag", so Moser. (APA/red)