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Ob der eine Woche alte Xaver später einmal brav gehorchen wird, hängt unter anderem von Neurotransmittern ab.

Foto: Bruns/AP

Budapest - Wie lernt Fido zu folgen, und warum sind manche Hunde konzentrierter und folgsamer bei einer Aufgabe als andere?

Biologen und Ethologen an den Semmelweis- und Eötvös-Loránd-Universitäten gingen der Frage auf den molekularen Grund. Sie wollten feststellen, welche genetischen Faktoren beim Zustandekommen unterschiedlicher Verhaltensformen eine Rolle spielten.

Ausgangspunkt war die Erkenntnis, dass Herr und Hund von ähnlichen evolutionären Prozessen geformt wurden und gewisse funktionale Verhaltenseigenschaften teilen. Daher könnten die Tiere als Modell für das Studium der ererbten Basis von menschlichem Verhalten und dessen Abweichungen dienen.

Im Speziellen ging es dem Budapester Team um die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS oder ADHD), eine psychische Störung, die im Kindesalter beginnt und da bis zu 10 Prozent der Population betreffen kann. Sie zeichnet sich durch große Impulsivität und mangelnde Konzentration aus. Die Verhaltensforscherin Enikö Kubinyi und ihre Mitarbeiter entwickelten eine Skala, Dog-ADHD RS, die entsprechende Verhaltensmuster beim Tier misst, zum Beispiel Herumstreunen während einer Aufgabe.

104 deutsche Schäferhunde wurden auf dieser Skala und auf einer zweiten, die speziell Impulsivität misst, beurteilt, während sie bestimmte Aufgaben durchführen mussten.

Die Ergebnisse verglichen die Forscher mit der DNA der Tiere. Ihr besonderes Augenmerk galt einem Gen - Tyrosin-Hydroxylase (TH) -, das in Pilotversuchen mit dem mehr oder weniger unruhigen Verhalten der Hunde in Zusammenhang zu stehen schien. Das Gen ist wichtig bei der Erzeugung von Dopamin und Noradrenalin, Neurotransmittern, die die emotionalen Reaktionen und die Konzentrationsfähigkeit bei Tieren wie bei Menschen beeinflussen. Variationen von TH bewirken die Erzeugung unterschiedlicher Mengen der Transmitter.

Die 37 Schäferhunde, die verkürzte TH hatten, zeigten die größten Schwierigkeiten, ihre Impulse zu kontrollieren. Lange Versionen des Gens bewirkten, dass die Hunde die Impulsivitäts-Tests "mit der Ruhe eines Zen-Meisters" bewältigten. Als nächstes, so die Autoren im Beitrag in der "Public Library of Science", soll der Zusammenhang mit anderen hündischen Eigenschaften bzw. die Anwendbarkeit auf menschliche ADHS untersucht werden. (mf/DER STANDARD, Printausgabe, 19. 1. 2012)