Wien - Dass Spitzensportler wesentliche Teile ihres Einkommens unversteuert lassen, wenn sie überwiegend im Ausland tätig sind, sorgt nun für Diskussionen. Der Steuerrechtsexperte Werner Doralt forderte im Ö1-Morgenjournal am Donnerstag Änderungen. Die Meinungen in den Parteien gehen auseinander.

Privilegien für Athleten

Spitzensportler haben auf Basis eines Erlasses aus dem Jahr 2000 eine eigene Bemessungsgrundlage. Sie versteuern wegen einer Pauschalregelung von ihrem Einkommen aus Preisgeldern und Werbeeinnahmen nicht 100 Prozent, sondern nur 33 Prozent. "Damit zahlt ein Spitzensportler de facto nur 17 Prozent Steuern", wird Doralt in der Tiroler Tageszeitung zitiert. Doralt fordert, dass die Werbeeinahmen, die ein Sportler im Inland erzielt, herausgenommen werden. Die derzeitige Regelung sei gesetzeswidrig. Auch wenn man mit einer Reform nicht das Budget sanieren könne, sei es zumindest ein kleiner Beitrag.

Darabos fühlt sich nicht zuständig

In der aktuellen Spardebatte steht nun auch diese Regelung für Sportler in der Kritik.  Sportminister Norbert Darabos (SPÖ) sieht sich jedoch für Steuern nicht zuständig. Er wolle sich allerdings auch nicht wehren, wenn die Regelung diskutiert werde. Das Finanzministerium zeigt sich skeptisch, ob eine Neuregelung zu Mehreinnahmen für den Staat führen würde. Außerdem möchte man durch die Steuerbegünstigung verhindern, dass sich Sportler in Steueroasen wie Monte Carlo niederlassen.

Einzig der Budget- und Finanzsprecher der SPÖ, Kai Jan Krainer, bekundet Sympathie für eine Reform des Erlasses. Er sieht zwar in der Pauschalregelung für Sportler kein Problem. Er verstehe aber nicht, warum auch Werbeeinnahmen explizit eingeschlossen seien. Das möchte er in der Arbeitsgruppe zur Steuerstrukturreform behandeln. 

Rauch will "Sportler-Erlass" doch beibehalten

Auch ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch hatte sich in den "Tiroler Tageszeitung" zunächst gefragt, ob die Regelung noch zeitgemäß sei. Später am Donnerstag sagte er, gemeinsam mit dem Finanzministerium sei er nun zu dem Schluss gekommen, dass der Erlass "durchaus Sinn" habe. Es gehe darum, "dass wir keine Steuerflüchtlinge produzieren wollen". Die Frage, ob er vom Finanzministerium, das sich skeptisch gegeben hatte, zurückgepfiffen worden sei, verneinte Rauch - er habe ja lediglich eine Prüfung gewünscht.

Die Opposition ist unterschiedlicher Meinung: Für den Grünen Werner Kogler ist "nicht einzusehen, warum Großverdiener im Spitzensport Steuerprivilegien erhalten". Er forderte Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) auf, sämtliche Steuerprivilegien, die in Form von Erlässen bestehen, zu überprüfen.

BZÖ für Sportlerprivilegien

Dass der Erlass bleiben soll, dürfte hingegen BZÖ-Sportsprecher Peter Westenthaler freuen. Er erboste sich nämlich in einer Aussendung darüber, dass Rauch nun auch bei den Sportlern eine "Neiddebatte" gestartet habe. Der geltende Erlass sei gut begründet, weil sich Österreichs Spitzensportler dazu verpflichtet hätten, auch Preisgelder aus dem Ausland in Österreich zu versteuern.

Für eine "unaufgeregte Diskussion" plädierte FPÖ-Sportsprecher Herbert Kickl. Wichtiger als die Steuern von Sportlern seien die "großen Brocken des SPÖ-ÖVP-Privilegienstadls".

Burgstaller für Gleichbehandlung, ÖSV-Chef empört

Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (SPÖ) äußert sich im Ö1-Mittagsjournal für eine Abschaffung: Sportler seien zwar hervorragende Botschafter für Österreich im Ausland, das rechtfertige aber nicht die Steuerbegünstigung. Steuergerechtigkeit sei jetzt für alle angesagt.

Finanzministerin Fekter präzisierte heute am Rande der Parlamentsdebatte ihren Standpunkt: Der umstrittene Erlass sei kein Steuerprivileg, sondern eine sinnvolle Pauschalierung bei Doppelbesteuerungen. So argumentiert auch ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel. Die ÖSV-Alpinen würden 90 Prozent der Rennen im Ausland bestreiten und dort für ihre Einnahmen wie Preisgelder eine Quellensteuer zwischen 20 und 30 Prozent bezahlen. Diese Steuerleistung müsse man zu den 17 Prozent aus dem Sportler-Erlass im Inland dazurechnen. Zu Einnahmen aus der Werbung meinte Schröcksnadel, dass das nur sehr wenige betreffe, es gebe auch keinen Herman Maier mehr.

Schröcksnadel: Sportler verdienen keine Millionen

Der ÖSV-Chef räumt ein, dass es sich bei der Besteuerung von Werbeeinnahmen um ein Privileg handelt, wenn auch nur für wenige. Und das rechtfertige nicht, den Erlass zurückzunehmen - denn dadurch würde alles nur komplizierter. Schröcksnadel verweist darauf, dass alle skandinavischen Skiläufer schon in Monte Carlo wohnten, das wolle niemand. Die besten Botschafter zu vertreiben, ohne Vorteil für den Staat, sei Unsinn. Die Sportler wollten einfach nicht benachteiligt werden. Und das wären sie, wenn auf bereits versteuertes Einkommen aus dem Ausland die normalen Steuersätze angewendet würden. Auf die Frage wie man mit den Werbemillionen einiger ÖSV-Stars umgehen soll,  sagt Schröcksnadel, man unterstelle Millioneneinkommen, das stimme nicht. Man könne von einem Sportler auch nicht verlangen, dass er seine Einnahmen offenlegt. (APA/red, derStandard.at, 19.1.2012)