"Wenn ich nur an Marokko denke! Man könnte sagen, dass wir orientalisch wohnen." Haya Molcho und der Holzclown in Weidling bei Klosterneuburg.

Foto: Lisi Specht

Haya Molcho, Betreiberin des Restaurants Neni, umgibt sich gern mit Orientalischem. Wojciech Czaja besuchte sie und ihre zwei Wellensittiche in ihrem Haus in Weidling.

"Mein Mann Samy Molcho hatte damals eine wunderschöne Junggesellenwohnung in der Judengasse. Aber für mich war klar: Wenn ich schon nach Wien ziehe und hier eine eigene Identität aufbauen will, dann kann ich nicht in eine fixfertige Wohnung ziehen, dann müssen wir uns gemeinsam etwas Neues suchen. Irgendwer hat uns zugeflüstert, dass in Weidling, nicht weit von Klosterneuburg, ein süßes, zweistöckiges Haus aus dem Jahr 1917 zum Verkauf steht.

Damals, vor 30 Jahren, war die Straße hierher noch nicht asphaltiert. Die Fahrt von Wien war eine Weltreise. Und das Haus war abgefuckt und total verwüstet. Aber eines haben wir sofort gespürt: Das Grundstück hatte einen unglaublichen Charme, die Energie war in Ordnung. Samy und ich haben uns in das Haus sofort verliebt.

Es gab unglaublich viel zu tun. Jahrzehntelang wurde nichts in das Gebäude investiert. Es war de facto nicht bewohnbar. Es gab keine Heizung, die Elektrizität war kaputt, die Böden waren zum Teil eingebrochen, Fenster und Türen waren zerstört und so weiter. Wir haben sofort mit dem Umbau begonnen. Nachdem ich ein gut koordinierter Mensch bin und jeden Tag auf der Baustelle war, um die Handwerker zu quälen, war nach vier Monaten alles fertig. Bei mir muss alles zack, zack gehen.

Eingezogen sind wir mit Jaffa-Kisten. Das sind die ganz normalen Orangen-Steigen, wie sie vor den Ständen am Naschmarkt immer gestapelt sind. Die einzigen Möbel, die wir damals hatten, waren ein Tisch und ein paar Stühle aus Samys Elternhaus aus Israel. Die ersten Jahre haben wir sehr asketisch gelebt, erst nach und nach hat sich das Haus gefüllt. Ich bin überhaupt der Meinung, dass ein Haus viel Zeit zum Wachsen braucht. Ich kann mich erinnern: Als unsere vier Söhne noch klein waren, lagen überall Schuhe herum. Das ganze Haus war voller Schuhe. Man kann sich nicht vorstellen, wie viele Schuhe das waren! Aber das Haus hat gelebt.

Ich kann nicht nachvollziehen, wie Leute in eine fixfertige Wohnung ziehen können, die vom ersten Tag komplett möbliert ist, und dann nie wieder etwas daran ändern. Manche Wohnungen schauen nach 20 Jahren genauso aus wie am ersten Tag. Das ist wie vorprogrammiertes Totsein.

Am ehesten könnte man sagen, dass wir orientalisch wohnen. Die Lampen und kleinen Accessoires haben wir größtenteils am Flohmarkt gekauft. Und manche Möbel stammen von unseren Reisen, aus Indien, Thailand und Marokko. Marokko, Marrekesch, wenn ich nur daran denke! Die Farben, die Gerüche, die Souks, was für ein Land! Ich mag dieses gesellige Treiben am Markt, dieses quirlige Chaos. Ich glaube, das ist auch der Grund dafür, dass wir Wellensittiche haben. Sie zwitschern die ganze Zeit und bringen Melodie in den Alltag. Wir hatten schon alle möglichen Haustiere hier: Katzen, Mäuse, Schlangen.

Das Wohnzimmer ist, glaube ich, jener Ort, an dem sich im Laufe der Zeit am meisten verändert hat. Möbel werden hin- und hergeschoben, Stoffe werden ausgetauscht, Farben ändern sich. Ich könnte niemals in einem weißen Loft wohnen. In einem Lifestyle-Magazin ist das zwar schön anzusehen, aber zum Leben wäre mir das zu eintönig. Das bin nicht ich. Ich bin ein bunter Vogel. Im Augenblick haben es uns die warmen Erdfarben und knalligen Orange- und Pinktöne angetan.

Eines der Highlights in unserem Haus ist der Holzclown im Erker. Den habe ich Samy zu seinem 50. Geburtstag geschenkt. Und wie sich später herausgestellt hat, war das genau jene Skulptur, die er schon lange Zeit zuvor in dieser Galerie gesehen hat und die er immer schon haben wollte. Ich liebe solche Zufälle. Zufälle sind das Schönste überhaupt. Sie machen das Leben schön." (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21./22.1.2012)