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Andreas Salcher, Coach und Bildungsexperte.

Foto: APA/ecowin Verlag/Formanek

"Machen Sie eine Faust", ruft Andreas Salcher in Richtung Publikum, "und versuchen Sie, die Ihres Nachbarn zu öffnen." Zwei Minuten, viel Gezerre und geschätzte fünf gebrochene Finger später meint er: "Die beste Möglichkeit ist, einfach zu bitten: 'Können Sie die Hand öffnen'?" - "Wer führt, muss Menschen mögen": Dieses Mantra predigt der Coach für Führungskräfte und Bildungsexperte in seinen Seminaren. Klingt banal, ist es auch. Eine Kostprobe gab Salcher vergangene Woche beim "HR-Circle" in Wien.

Salcher schwört auf die "Macht der kleinen Gesten". Etwa die Namen der Mitarbeiter lernen, ein Lob zum richtigen Zeitpunkt austeilen oder sich die Zeit nehmen, die Sitzordnung bei Konferenzen zu bestimmen. "Wer redet mit wem?" Das habe eine ungeheure Wirkung auf Motivation und Kollegialität, glaubt er. Als Salchers Vorbild in puncto authentischer Führung fungiert ein gewisser Michael Abrashoff. Der ehemalige Kapitän des US-Navy-Schiffs "USS Benfold" avancierte nach seiner Tätigkeit auf hoher See zum hoch dotierten Managertrainer.

Erfolgsmodell aus den Tiefen der US-Navy

In dem Buch "It's Your Ship" beschreibt Abrashoff, wie er mit ein paar simplen Veränderungen die zuvor hohe Fluktuation auf dem Schiff komplett zum Erliegen brachte. Vor seiner Ägide stiegen 35 Prozent der Crewmitglieder vorzeitig aus ihrem Vertrag aus, weniger als 20 Prozent verlängerten ihn nach dem Auslaufen. Personalrotation verursacht horrende Kosten, dachte sich der Kapitän und implementierte ein paar Maßnahmen. Danach verpflichteten sich 100 Prozent der Besatzung für eine weitere Periode.

Abrashoff lernte zum Beispiel innerhalb eines Monats die Namen aller 310 Beschäftigten an Bord auswendig. Dann, und mit ihren Lebensgeschichten vor Augen, lud er sie zum persönlichen Gespräch ein, um sie nach ihren Wünschen und Beschwerden zu fragen. Der am häufigsten genannte Kritikpunkt war das schlechte Essen. "Das Essen hat eine besondere Rolle, eine soziale Funktion", so Salcher in Anlehnung an Abrashoff. Das Budget wurde umgeschichtet, die Köche auf die besten Kochschulen geschickt und qualitativ hochwertigere Lebensmittel eingekauft. Der Erfolg stellte sich schnell ein, die Zufriedenheit stieg rapide. Das Signal: "Wir nehmen eure Sorgen ernst." Die vier Prinzipien Abrashoffs: Sehe das Schiff mit den Augen der Besatzung, verbessere die Arbeitsbedingungen, kommuniziere ständig Sinn und Zweck und höre jedem zu 100 Prozent zu.

Gitarre zerstört, Passagier verärgert

Wie sehr Ignoranz von Unternehmen in die Hose gehen kann, erzählte Salcher anhand der Fluglinie United Airlines. David Carroll, ein kanadischer Musiker, flog mit United Airlines zu einem Konzert nach Nebraska. Mit im Gepäck seine 3.500 Dollar teure Gitarre. Am Zielort stellte sich heraus, dass das Arbeitsgerät Carrolls beschädigt war. Durch unsachgemäße Behandlung. Die Fluglinie weigerte sich, Schadenersatz zu zahlen. Nach dutzenden Beschwerden, die allesamt im Sand verliefen, änderte der Musiker schließlich seine Taktik. Er schrieb drei Lieder, die er ins Internet stellte und die den "Tod" seiner Gitarre zum Inhalt hatten. Am Pranger: United Airlines.

"Ursache-Wirkung-Prinzip"

Medien wurden auf die Satire aufmerksam, Carroll durfte in Talkshows von seinem "Schicksal" berichten. Der Song "United Breaks Guitars" erreichte auf YouTube mehrere Millionen Abrufe. Die Konsequenzen für die Fluglinie waren fatal. Neben dem Imageverlust brach zwischendurch der Aktienkurs ein. Um den Schaden noch irgendwie zu begrenzen, wurden die Richtlinien für die Gepäcksbeförderung geändert, Carroll wurde eine Entschädigung angeboten. Für Salcher ein einfaches "Ursache-Wirkung-Prinzip", das in allen Firmenrichtlinien verankert gehöre: "Wie Betriebe ihre Kunden oder Mitarbeiter behandeln, so wird es zurückkommen." Und an Chefs adressiert: "Nichts beeinflusst Mitarbeiter so stark wie das eigene Verhalten."

Viele Beschäftigte wüssten überhaupt nicht, wofür ihre Firma stehe, kritisiert Salcher und plädiert für eine transparente Organisationskultur als "Summe des Verhaltens, das ich auszeichne oder sanktioniere". Sonst könnten die Werte nicht nach außen transportiert werden. Führungskräften rät er, nach dem Drei-Geschichten-Prinzip zu agieren: "Wer bin ich", "Wer sind wir" und "Wohin gehen wir". Mit diesem Spiegel vor Augen könnten Werte, Identität und Vision eines Betriebes kommuniziert werden.

Plan B: Jobwechsel

"Im Leben gibt es keinen Business-Plan", sagt Salcher, eigene Positionen sollten ständig reflektiert werden. Etwa: "Mache ich meinen Job aus Leidenschaft?" Unter der Voraussetzung, dass genug Geld vorhanden ist und die Arbeit nicht aus ökonomischen Gründen gemacht werden muss, sollte man sich fragen: "Würde ich den Job auch ausüben, wenn ich kein Geld dafür bekäme?" Lautet die Antwort Ja, dann ist alles im grünen Bereich. Sonst empfiehlt er einen Wechsel. "Das Leben ist viel zu kurz, um es zu verschwenden." (red, derStandard.at, 23.1.2012)