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Was die zwei im Geheimen paktieren, wird umgesetzt: Franz Voves (r.) und sein Stellvertreter Hermann Schützenhöfer.

Foto: APA/Leodolter

Graz - Den beiden dürfte in den letzten Wochen wohl öfters jenes Geständnis Bruno Kreiskys von dessen Lust an Streicheleinheiten in den Sinn gekommen sein: "Sie glauben gar nicht, wie viel Lob ich ertragen kann." Seit sie in der Steiermark als rot-schwarzes Reform-Duo das Land umkrempeln, genießen auch Landeshauptmann Franz Voves (SPÖ) und Hermann Schützenhöfer (ÖVP) ein für Politiker ohnehin seltenes, wohltuendes Schulterklopfen.

Anders als im Bund hat bei beiden die Einsicht in die Notwendigkeit tatsächlich dazu geführt, längst anstehende Reformen anzupacken: in der Verwaltung, im Schul- und Sozialsystem, in der Politik selbst. So vorbildhaft ihr Wirken - auch über die Landesgrenzen hinweg - scheinen mag: es hat eine Schattenseite. Die steirische Reformpolitik ist ein demokratiepolitischer Problemfall, der die Frage aufwirft: Sind tiefgreifende Reformen im System, wie nun von der steirischer Regierungspolitik erprobt, tatsächlich nur diktatorisch von oben verorden- und durchsetzbar?

Tatsache ist: Die steirische Reformpolitik wird derzeit nur von zwei Politikern bestimmt und vorgegeben: Voves und Schützenhöfer. Die Reformschritte werden vom rot-schwarzen Duo im Geheimen paktiert, die Büros exekutieren, was die beiden ausbaldowern. Die Entscheidungen der Landeshauptleute werden von ihren Parteien ohne kritische Debatte bis in den Landtag hinunterdekliniert und durchgewunken.

Interessenvertreter und Betroffene werden im Sinne der normativen Kraft des Faktischen vor vollendete Tatsachen gestellt. Der steirische Wirtschaftswissenschafter Michael Steiner hat kürzlich schon vor einer schleichenden "Autokratisierung" der Steiermark gewarnt. Der Politologe Peter Filzmaier beurteilt die steirische Reformpolitik zwar grundsätzlich positiv und notwendig, ortet hier aber ebenfalls ein demokratiepolitsches Dilemma. Filzmaier ist überzeugt, dass die Politik unbedingt Regulativa wird einbauen müssen. Vordringlich "sorgsam ausgearbeitete", direkte Demokratiemodelle, mit verpflichtenden Abstimmungen, damit Betroffene die Möglichkeit der Mitwirkung hätten. Notwendig sei auch eine Stärkung der Minderheitenrechte in den Landtagen.

Eines dürfe bei allem Reformeifer aber auch nicht vergessen werden: "Es waren die Politiker selbst, die die verkrusteten Strukturen geschaffen haben - die sie jetzt aufbrechen müssen." (Walter Müller, DER STANDARD, Printausgabe, 24.1.2012)