Foto: Gunda-Werner-Institut/Heinrich-Böll-Stiftung

In ihren Blogs und Online-Debatten stellen sie sich oftmals als Opfer von Frauen- und Gleichstellungspolitik dar, sie klagen über Frauenförderung und über Instrumente wie Gender-Mainstreaming. Es ist ein stärker werdendes Phänomen, dem ein Bochumer Wissenschafter in Foren deutschsprachiger Online-Zeitungen via Diskurs- und qualitativer Inhaltsanalyse nachgegangen ist. Dafür nahm er Internet-Foren der überregionalen Zeitungen "Die Zeit", "Der Spiegel", "Die Welt", "taz", "Focus" und die "FAZ" unter die soziologische Lupe. Antifeministische Interventionen in Online-Foren gibt es aber auch hierzulande, wie die Diskussionen u.a. auf dieStandard.at des öfteren beweisen.

Im Auftrag des Gunda-Werner-Instituts der Heinrich-Böll-Stiftung und deren Landesstiftungen entstand die Studie "Die antifeministische Männerbewegung. Denkweisen, Netzwerke und Online-Mobilisierung", die nun in Berlin präsentiert wurde.

Im Vorwort werden die Online-Interventionen als eine erfolgreiche Strategie der AntifeministInnen beschrieben. Denn die Folge dieser Störaktionen "ist bislang, dass viele an echter Diskussion Interessierte diese Foren angesichts des frauenfeindlichen und aggressiven Tons wieder verlassen". Damit werden notwendige und sinnvolle Debatten zerstört, heißt es weiter.

"Vernichtungsphantasien gegen Feministinnen"

Als Ziel der antifeministischen Männerrechtsbewegung nennt der Autor Hinrich Rosenbrock nicht nur die Stärkung respektive den Erhalt männlicher Vorrechte und das Zurückdrängen feministischer Argumentationen und Institutionen. Die Ziele gipfeln gar "teilweise in Vernichtungsphantasien gegen den Feminismus und auch gegen einzelne feministische Personen", heißt es in der Aussendung des Gunda-Werner-Instituts. Da die AntifeministInnen jedoch auch Männer, die ihren Vorstellungen nicht entsprechen, ausgrenzen, sind sie zu großen Teilen nicht nur frauen- sondern auch männerfeindlich, so Rosenbrock weiter. Männer, die an Feminismus Interesse zeigen und/oder mit Feministinnen sympathisieren diffamieren sie zum Beispiel als "Lila Pudel".

Der Studienautor beschreibt die Gruppe als heterogen. Sie beinhalte Frauen wie Männer und sehe ihre Motive durch situative Einzelerfahrungen begründet. "Was sie allerdings eint, ist ihr - teilweise bis zum Hass aufgebauschter - Antifeminismus", so der Soziologe im Gespräch mit dem Gunda-Werner-Institut.

Neuheiten der Bewegung

AntifeministInnen gibt es jedoch seit es die Frauenbewegung gibt. Der Autor konstatiert dennoch einige Neuheiten der Bewegung: Zum einen sei dies die anonyme, und daher extremere Meinung, die im Internet veröffentlicht werde. Auf der anderen Seite werden Männer als Opfer des Feminismus konstruiert. Diese Opfer-Debatte, so der Autor im Vorwort, sei empirisch jedoch nicht haltbar. Der Opfer-Diskurs stelle einen Bruch zum früheren Antifeminismus dar, der "nur" von der natürlichen Vorherrschaft der Männer ausging. "Damit wird versucht, feministische Argumentationen für die eigene Ideologie umzudrehen. Aus Patriarchatskritik wird so Feminismuskritik," so Rosenbrocks Analyse.

Dass dieses Gesellschaftsbild und/oder Geschlechterbild in der politisch rechten Szene weit verbreitet ist, thematisierten jüngst bereits die Sozialwissenschafter Yves Müller und Andreas Kemper. Auch Rosenbrock zieht Parallelen zwischen der Männerrechtsbewegung und der rechtsextremen Szene: "Die antifeministische Argumentationen sind in beiden Bereichen fast deckungsgleich. Allerdings ist der Antifeminismus für die Männerrechtsbewegung die Vereinigungsideologie, während sie in rechten Kreisen Bestandteil eines größeren Ideologiegebäudes ist". Die Netzwerke handeln also voneinander unabhängig, "jedoch kam und kommt es durchaus zu Kooperationen".

"Frustrierter Teil teiltraditioneller Männer"

Rosenbrock betont, dass die antifeministische Männerrechtsbewegung eine kleine aber lautstarke Minderheit darstelle, mit der eine konstruktive Debatte jedoch nicht möglich sei. Es handle sich laut neueren Männer-Untersuchungen um den frustrierten Teil der "teiltraditionellen" Männer und die kleine Gruppe der "Lifestyle-Machos". Für den Jung-Wissenschafter aus Bochum bedeutet dies allerdings nicht, dass man diese Gruppe, "die von Feminismus nicht viel weiß", ignorieren kann. Denn trotz ihrer "geringen Anzahl gelingt es ihnen immer wieder Geschlechterdebatten zu stören und Einzelpersonen einzuschüchtern". (eks, dieStandard.at, 24.1.2012)